„Wie bei der Machtergreifung“ – Schwarzenberg kritisiert Staatspräsident Zeman
Schwarzenberg gegen Zeman: Die beiden Kontrahenten ringen seit der Stichwahl um das Präsidentenamt miteinander. Dabei geht es vor allem um Freiheiten, die sich Staatspräsident Zeman bei der Interpretation der Verfassung nimmt. Zunächst wollte er Botschafter selbst einsetzen, statt die vom Außenminister vorgeschlagenen Kandidaten zu ernennen. Nun hat der Präsident eine Regierung bestimmt, ohne auf die im Parlament bestehende konservativ-liberale Mehrheit Rücksicht zu nehmen. Keine Verstöße gegen die Verfassung, aber Brüche mit den Verfassungsgewohnheiten, so das Urteil der Experten. Karel Schwarzenberg nutze am Wochenende ausgerechnet eine österreichische Zeitung, um seinem Ärger darüber Luft zu machen.
„Zeman ist der erste vom Volk direkt gewählte Präsident und glaubt, dass ihm das automatisch größere Vollmachten gibt. Er sagt, er halte sich strikt an die Verfassung, sei aber nicht an Gepflogenheiten gebunden. Diese rein formelle Interpretation der Verfassung haben in der Vergangenheit schon einmal diverse Herrschaften genützt, um zur völligen Macht zu kommen: im Januar 1933 in Deutschland und im Februar 1948 in der Tschechoslowakei.“
Diesen scharfen Angriff hat Zeman selbst nicht kommentiert, stattdessen meldete sich der Leiter der Präsidentenkanzlei, Vratislav Mynář, zu Wort:„Ich habe von der ehemaligen Koalition, vor allem von ODS und Top 09, einige hysterische Äußerungen wahrgenommen. Dabei ist es logisch, dass ihnen die Entwicklung nicht gefällt. Der Präsident verhält sich absolut verfassungskonform. Dass er nicht tut, was sich die Herren Schwarzenberg und Kalousek wünschen, ist zum Vorteil aller Bürger. Die Republik braucht nun Ruhe, und es ist erforderlich, dass die Regierung Rusnok ihre Arbeit aufnimmt.“
Ebenso die Opposition kritisiert Schwarzenbergs Äußerungen, wenn auch aus anderen Gründen. Bohuslav Sobotka ist Vorsitzender der Sozialdemokraten (ČSSD):„Ich denke, die Äußerungen von Schwarzenberg sind übertrieben, und solche übertriebenen Äußerungen erhöhen nur die politischen Spannungen. Außerdem ist es nicht glücklich, dass sich Schwarzenberg ausgerechnet im Ausland so äußert, das verschlechtert nur das Bild Tschechiens. Er sollte lieber hier im Inland handeln und den Antrag der Sozialdemokraten auf Auflösung des Abgeordnetenhauses unterstützen.“
Tatsächlich wäre wohl die Selbstauflösung des Parlaments die deutlichste Antwort der Volksvertreter auf das Handeln Zemans. Die nötige Verfassungsmehrheit von 120 Stimmen ist aber nicht ohne die Top 09 zu erreichen – und Schwarzenbergs Partei zeigt bislang wenig Willen, diesen Weg einzuschlagen.