Nationalistische Töne im Präsidentschaftswahlkampf
Vergangene Woche hatte es sich bereits angedeutet, dass der tschechische Präsidentschaftswahlkampf härter wird. Nun haben der linksgerichtete Kandidat Miloš Zeman und Amtsinhaber Václav Klaus begonnen, die nationalistische Karte zu ziehen. Im Vorfeld der Stichwahl um das höchste Amt im Staat droht die Debatte zwischen Zeman und seinem Gegenkandidaten, Außenminister Karel Schwarzenberg, in einer Schlammschlacht zu münden.
„Die Beneš-Dekrete gelten bereits mehr als 20 Jahre nicht mehr.“
Außerdem sprach er die Vertreibung der Deutschen auch direkt an. Er werfe den damaligen Verantwortlichen vor, dass sie das Prinzip der Kollektivschuld angewendet haben, sagte der Fürst. Unter heutigen Umständen würde sich der damalige Präsident Edvard Beneš vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wiederfinden, fügte er an.
Am Freitagabend, in einem Rededuell beim privaten Fernsehsender Prima, polterte Zeman dann: Die Dekrete seien „untrennbarer Teil der tschechischen Rechtsordnung“. Und der 68-Jährige fuhr fort: Wer einen tschechoslowakischen Präsidenten als Kriegsverbrecher bezeichne, spreche wie ein sudetendeutscher Funktionär. Am Samstag legte dann der amtierende Staatspräsident Václav Klaus nach:
„Die Äußerungen und diese Ansichten von Karel Schwarzenberg empfinde ich als Missachtung der tschechischen Geschichte und als Tscheche fühle ich mich bedroht.“Karel Schwarzenberg ging dann am Sonntag zum Gegenangriff über. Im mährischen Olomouc / Olmütz gab er eine Pressekonferenz. Dabei bezeichnete er Klaus und Zeman als eine gemeinsame Machtgruppe und fuhr fort:
„In den vergangenen Tagen wurden manipulierte Zitate und aus dem Zusammenhang gerissene Worte verwendet, die unter anderem meine Äußerungen über die Nachkriegsgeschichte betreffen. Sie sollen Angst machen vor einer nicht existierenden Gefahr. Die Äußerungen von Václav Klaus und Miloš Zeman stehen aber in klarem Widerspruch zu ihren früheren Aussagen.“
Im Oktober 1990 hatte Zeman als Abgeordneter im föderativen Parlament verlautbart: „Der Transfer der deutschen Bevölkerung stand im Geist der Stalinschen Umsiedlungen.“ Und 2002 sagte Zeman als damaliger sozialdemokratischer Premier im Tschechischen Rundfunk:
„Ich habe hierzulande als erster Politiker gesagt, dass die Beneš-Dekrete erloschen sind. Dafür bin ich häufig kritisiert worden.“Über die Gültigkeit der Dekrete hatte sich Václav Klaus 2003 ähnlich ausgedrückt. Doch Schwarzenberg habe die Geister, die er nun nicht los werde, selbst gerufen, findet Politologe Lukáš Jelínek:
„Ehrlich gesagt hat sich Außenminister Schwarzenberg selbst in der Frage der Beneš-Dekrete in eine missliche Lage gebracht. Für einen Diplomaten hat er seine Worte nicht gut genug abgewägt, als er den Ausdruck ungültig mit dem Ausdruck erlöschen verwechselt hat.“
Ein kleiner Unterschied im Ausdruck – doch mit großer Wirkung. Welche Wellen dies bis zur Stichwahl am Freitag und Samstag schlagen wird, bleibt abzuwarten.