Abgeordnetenhauschefin Němcová für Ministerpräsidentenamt nominiert
Nachdem der tschechische Premierminister Petr Nečas am Montag wegen eines Korruptionsskandals zurückgetreten war, ist ein Machtkampf um seine Nachfolge entbrannt. Die Demokratische Bürgerpartei ODS hat am Mittwoch ihre Wunschkandidatin vorgestellt: Die bisherige Vorsitzende des Abgeordnetenhauses und ODS-Vizeparteichefin Miroslava Němcová soll Premierministerin werden.
„Die ODS hält Miroslava Němcová für eine erfahrene Politikerin mit einem entsprechenden moralischen und politischen Rückhalt, für eine Frau mit langfristig verankerten konservativen Ansichten und für einen Menschen, der fähig ist, unser Land im Ausland würdig zu vertreten.“
Die 60 Jahre alte Němcová trat der ODS 1992 bei. In der mährischen Kleinstadt Žďár nad Sázavou / Saar in Mähren gründete sie in den ersten Nachwendejahren eine Buchhandlung und sammelte Erfahrung als Unternehmerin. Nach einigen Jahren in der Lokalpolitik wurde sie 1998 ins Abgeordnetenhaus gewählt. Ihre Entscheidung, die Kandidatur anzunehmen, begründet Němcová folgendermaßen:
„Ich spüre, dass die tiefe politische Krise, die in der Tschechischen Republik herrscht, die auch gleichzeitig eine Krise der ODS ist, nicht lange andauern darf. Als ich festgestellt habe, dass ich die Unterstützung von allen meinen Kollegen genieße, musste ich auch daran denken, dass ich seit 15 Jahren Abgeordnete bin. Ich habe Jahr für Jahr die Unterstützung von ODS-Wählern und Mitgliedern erhalten. Nun, in diesem ernsten Moment des Umbruchs, ist es an der Zeit, mich für diese Unterstützung zu revanchieren.“Im ODS-Parteipräsidium genießt Miroslava Němcová einstimmige Unterstützung. Und auch für die Koalitionspartner Top 09 und Lidem ist sie eine akzeptable Persönlichkeit. Allerdings schaffe die Nominierung wieder neue Probleme, so der Vize-Parteichef der Top 09, Miroslav Kalousek:
„Ich schätze die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses sehr, es wäre für mich eine Ehre, mit ihr auf der Regierungsbank zu sitzen. Anderseits wundern wir uns über die Begabung der ODS, immer neue Probleme zu generieren. Durch die Nominierung von Němcová schafft die ODS ein großes Problem: und zwar einen neuen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses zu finden und vor allem in einer geheimen Wahl durchzusetzen. Dies beweist leider eine große Handlungsunfähigkeit und die dünne Personaldecke der ODS.“Die Opposition möchte in eine andere Richtung gehen, um die Regierungskrise zu lösen. Sie befürwortet vorgezogene Neuwahlen. Die Nominierung von Miroslava Němcová habe daran nichts geändert, betont der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Jeroným Tejc:
„Wir haben bereits im Voraus angekündigt, dass jeder Name, der von der ODS vorgeschlagen wird, für uns inakzeptabel ist. Wir werden eine Regierung Nečas ohne Petr Nečas keinesfalls unterstützen.“Das letzte Wort bei den bevorstehenden Verhandlungen hat der Staatspräsident, der eine Person mit der Regierungsbildung beanufragen muss. Miloš Zeman wird am Freitag die Verhandlungen mit Spitzenvertretern der Parlamentsparteien beginnen, um einen Ausweg aus der Regierungskrise zu finden. Erst am kommenden Dienstag will er die Öffentlichkeit mit den Ergebnissen bekannt machen.