München: Klíma, Karlík, Trash Made
Der Schriftsteller Ivan Klíma wird über sein Leben erzählen, eine Vortragsreihe entführt das Publikum in die Zeit vor hundert Jahren und eine Ausstellung zeigt Grafikgebilde sowie Plastiken von Viktor Karlík. Hinzu kommt noch eine Exposition von Schmuckstücken aus Elektroschrott. Dies alles lässt sich im April im Tschechischen Zentrum München entdecken.
„Das stimmt. Es ist jetzt schon mehr als ein Jahr vergangen, seit der Herausgabe der deutschen Übersetzung seines Romans. Wir haben uns gemeinsam mit ihm gedacht, dass wir einen Überblick über sein leben in einer Lesung machen können. In Tschechien sind seine Erinnerungen unter dem Titel ‚Moje šílené století‘ auf deutsch ‚Das verrückte Jahrhundert’ erschienen. Dies ist auch der Anlass für einen Rückblick. Wir haben für die Lesung zwei Auszüge aus seinen Erinnerungen übersetzen lassen, die gelesen werden. Zum Schluss folgt ein Auszug aus seinen literarischen Werken. Welche Texte bzw. Romane es genau werden, wird sich noch zeigen. Aber im Unterschied zu den vorherigen Lesungen wollen wir jetzt das Leben und Werk von Ivan Klíma in den Mittelpunkt stellen.“
Nicht nur mittels der Lesung sondern auch mittels eines Gesprächs direkt mit dem Autor?„Genau. Es wird auch ein Gespräch stattfinden. Klíma gehört mit zu den wichtigsten tschechischen Zeitzeugen für das vergangene Jahrhundert. Er ist Jahrgang 1931 und hat eigentlich alle Wendungen des vergangenen Jahrhunderts miterlebt. Er war als kleines Kind in Theresienstadt, in den 1950er Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei, gehörte zu den Mitgestaltern des Prager Frühlings, war Dissident in den 1970er und 1980er Jahren und nach der Wende in Tschechien ein sehr erfolgreicher Schriftsteller. Über dies alles wollen wir mit ihm reden und seine Erinnerungen sind eine hervorragende Grundlage dazu.“
Also ist Ivan Klíma am 10. April im Tschechischen Zentrum in München?„Eine kleine Korrektur, er liest im Gasteig in der ‚Blackbox’. Also natürlich in München, aber weil wir die Lesung gemeinsam mit der Münchener Volkshochschule vorbereitet haben, diesmal dort.“
Bei mehreren Veranstaltungen in ihrem Programm steht die Anmerkung „Im Rahmen der Reihe „Wetterleuchten 1913“. Wobei handelt es sich bei dieser Reihe?
„Es geht um das Jahr 1913. Auch da haben wir mit der Münchener Volkshochschule und mit dem Collegium Carolinum kooperiert. Wir haben uns bereits letztes Jahr überlegt, dass vor uns die lange Zeit des Erinnerns an den ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 liegt. In den nächsten Jahren wird es sicher viele Veranstaltungen zu diesem Ereignis und seiner Bedeutung geben. Daher haben wir uns gedacht, dass es vielleicht Sinn macht, in das Jahr davor zu schauen. Ob man bereits geahnt hat, dass es zu einem Krieg kommt, oder ob man mit dem Fortschritt der Zivilisation beschäftigt war? Wie war diese Zeit? Es sind bereits einige Publikationen auf Deutsch erschienen, die eher den gesamten europäischen Rahmen betrachten. Wir wollen es aber enger halten und haben Prag, München und Wien als drei Zentren ins Auge gefasst. Wir werden uns in einer Vorlesungsreihe den Stimmung um 1913 in diesen Metropolen widmen.“
Soviel zu den Vorlesungen im Rahmen der Reihe „Wetterleuchten 1913 Prag, Wien und München vor dem ersten Weltkrieg“. Im Tschechischen Zentrum wird auch eine Ausstellung von Viktor Karlík eröffnet. Wer ist Viktor Karlík? Können Sie den Künstler vorstellen?„Viktor Karlík gehört zu den wenigen Künstlern, die schon seit Jahren die tschechische Kunstszene mitgestalten. Und zwar nicht nur mit seinen Werken, er gehört zur zweiten Undergroundgeneration. Er hat mit 18 Jahren angefangen, inoffiziell auszustellen und war in einem Kreis mit Jáchym Topol und seinem Bruder Filip. Aber auch Ivan Lamper oder Saša Vondra waren dabei. Gleichzeitig ist er Mitbegründer der Zeitschrift ‚Revolver Revue’, die seit Mitte der 1980er Jahre die tschechische Kunstszene begleitet und auch präsentiert. Er ist bis heute als Redakteur bei dieser Zeitschrift tätig. Viktor Karlík hat also zwei Seiten. Die eine ist sein eigenes Werk und die andere ist seine Arbeit im Hintergrund der künstlerischen Szene. Letztes Jahr war in der Westböhmischen Galerie in Pilsen eine große Retrospektive seiner Arbeit zu sehen, von den 1980er Jahren bis heute. Wir haben nicht die räumlichen Möglichkeiten, eine so große Retrospektive zu zeigen. Daher haben wir uns für einen kleineren Ausschnitt aus seinem Werk entschieden. Die Ausstellung heißt ‚Lichter der Stadt’. Da die Stadt Prag ein sehr zentrales Thema bei ihm ist, werden Grafikgebilde und Plastiken zu diesem Thema ausgestellt.“
Meine letzte Frage betrifft eine andere Ausstellung. Sie trägt den ungewöhnlichen Namen „Trash Made“. „Trash“ bedeutet in etwa „Müll“ oder „Schund“. Was wird auf dieser Ausstellung gezeigt?„Also Müll ist auch dabei. Die Künstlerlinnen und Designerinnen haben für ihren Schmuck und andere Wohngegenstände Materialien aus aussortierten Elektrogeräten verarbeitet. Es sind also gebrauchte Elektroinstallationsmaterialien, die zu unglaublich schönen und einfallsreichen Schmuckstücken verarbeitet werden. Im Großen und Ganzen sind die Gegenstände Einzelstücke oder nur in ganz kleinen Serien produziert worden. Es freut mich sehr, dass wir die Ausstellung, die am 19. April eröffnet wird, in München im Ökologischen Bildungszentrum zeigen können. Ich finde, so eine Ausstellung gehört gerade dorthin, weil sie zeigt, dass man Abfall nicht immer wegwerfen muss. Man kann ihn auch weiterverwenden. Wie genau das geht, werden die Künstlerinnen am darauffolgenden Samstag in zwei Workshops zeigen und mit den Teilnehmern gemeinsam eigene Gegenstände und Schmuckstücke herstellen.“