Präsident Klaus: Tschechoslowakische Lösung ist auch für Eurozone anwendbar
Der Teilung der Tschechoslowakei zur Jahreswende 1992/93 folgte nur wenige Wochen später eine weitere zwingende Umgestaltung: Die Trennung von der gemeinsamen Tschechoslowakischen Krone und die Einführung von eigenen nationalen Währungen. In der Tschechischen Republik wurde die eigene Krone am 8. Februar 1993 in Umlauf gebracht. Das 20-jährige Jubiläum dieser Währung hat die Tschechische Nationalbank (ČNB) vorige Woche mit einer internationalen Konferenz begangen. Hauptredner war der ehemalige Finanzminister und nun bald aus seinem Amt scheidende Staatspräsident Václav Klaus.
„Die Notwendigkeit, unmittelbar nach dem Ende des gemeinsamen tschechoslowakischen Staates auch die Teilung der Tschechoslowakischen Krone in eine tschechische und slowakische Währung zu vollziehen, ist völlig unbestritten.“
Klaus schob allerdings sofort nach, dass dies in keinem Fall ein Vorhaben von ihm gewesen sei, doch die finanziellen Entwicklungen gleich nach der Staatenteilung am 1. Januar 1993 hätten diese Maßnahme unabdingbar gemacht:
„Das Geld begann einseitig von der Slowakei zu uns zu fließen und es gab keinen Mechanismus, der den Geldfluss wieder umgedreht hätte. Es geschah etwas Ähnliches wie das, was in den letzten Jahren in der Eurozone passiert. Und zwar im europäischen Überweisungswesen, dem so genannten Target-System, in dem sich ebenfalls zwei Seiten völlig unterschiedlich verhalten – die chronischen Schuldner des südlichen Flügels der Eurozone auf der einen Seite sowie, trotz aller öffentlich geäußerten Einwände, die zufriedenen Gläubiger einschließlich Deutschlands auf der anderen Seite.“ Auch zwischen Tschechien und der Slowakei habe damals ein sehr ungleiches Vertrauen in die Nachfolgestaaten geherrscht, man habe dem aber entgegengewirkt, so Klaus:„Wir haben das – im Gegensatz zum heutigen Europa – so gelöst, dass wir die Teilung der Währung schnell und ohne Anhäufung von Problemen vollzogen haben.“
Diesem Seitenhieb auf die Währungspolitik der Eurozone ließ Klaus später noch weitere folgen. Zunächst aber lobte er den damaligen Schritt einer schnell und effektiv durchgeführten Teilung der Währung als großen Erfolg. Anschließend versuchte er dies an einigen Wirtschaftdaten zu belegen:
„Die Zahlen der Makroökonomie haben es gezeigt: Im Jahr 1993, in dem die fundamentalen Veränderungen der wirtschaftlichen Transformation noch stark nachklangen, ist das Bruttoinlandsprodukt der Tschechischen Republik trotz der Währungstrennung um 0,1 Prozent gewachsen. Wenn man das doch auch vom Jahr 2013 behaupten könnte.“Dieses, wenn auch nur geringfügige Wachstum sei damals die diametrale Antwort auf die Befürchtungen der Tschechoslowakei-Anhänger gewesen, die die Währungstrennung in die Nähe des Weltuntergangs gerückt hätten, bemerkte Klaus. Auch der Gouverneur der Tschechischen Nationalbank, Miroslav Singer, ist überzeugt, dass die Währungstrennung insbesondere der slowakischen Wirtschaft geholfen habe:
„Aus heutiger Sicht ist es offensichtlich, dass die Beibehaltung der gemeinsamen Währung für einen längeren Zeitraum der slowakischen Wirtschaft geschadet und ihr Wachstum gebremst hätte.“Mit einer gewissen Genugtuung fügte Singer an, dass der Tschechischen Republik ihre eigenständige Währung auch in den späteren Krisenjahren sehr von Nutzen war:
„Ich konstatiere gern, dass sich unsere eigenständige Währung in der Periode der Finanz- und Schuldenkrise als Prellbock gegen den exogenen Schock bewährt hat. Die Abwertung der Krone im Jahr 2009 hat den Ausfall von Exporteinnahmen abgefedert, der durch den jähen Einbruch der ausländischen Nachfrage zustande kam.“
Diese und andere Vorteile veranlassten Präsident Klaus schließlich dazu, aus der Währungstrennung zwischen Tschechien und der Slowakei sogleich ein Modell für die Eurozone abzuleiten. Wörtlich sagte das Staatsoberhaupt:
„Unsere Währungstrennung ist der Beweis, dass sich dieser scheinbar völlig außergewöhnliche und von jeglichen Standards abweichende Schritt vollziehen lässt. Es ist einfach nicht wahr, dass eine Währungstrennung katastrophale Folgen haben muss.“Die Geschichte habe mehrfach gezeigt, dass auch ein passiv und vorsichtig aufrecht erhaltener Status quo sehr kostenintensiv sein könne, sagte Klaus. Und immer wieder darauf zu verweisen, dass der Austritt eines Landes aus der Eurozone gefährlich hohe Auswirkungen auf das europäische Währungs- und Bankensystem sowie auf den europäischen Außenhandel haben dürfte, könne er nicht nachvollziehen, betonte der letzte tschechoslowakische Finanzminister:
„Die griechische Ökonomie macht nur ein Fünfzigstel der Wirtschaftskraft Europas aus, die Slowakei aber hat damals ein Drittel der Wirtschaftsleistung des Gesamtstaats gestellt.“Nach diesem Vergleich ließ es sich Klaus dann auch nicht nehmen darauf hinzuweisen, wodurch sich das große Gefälle in der Eurozone seiner Meinung nach überhaupt erst herausbilden konnte:
„Jemand hat die Rolle des blinden Passagiers in der Währungsunion gespielt, er hat sie ausgenutzt beziehungsweise missbraucht und nie jemals die Kosten für deren Existenz mitgetragen. Jetzt aber wird in Europa plötzlich eine Fahrkartenkontrolle durchgeführt und nun soll die Strafe für die Nichtbeteiligung an den Kosten dieses Weges gezahlt werden.“
Ohne die Dinge klar beim Namen zu nennen, gab der als Euroskeptiker bekannte Václav Klaus abschließend noch einmal zu verstehen, dass der Austritt Griechenlands aus der Eurozone für ihn der einzig machbare Schritt sei. Diesen versteckten Hinweis verband er mit den Worten:
„Die Kosten für eine Währungstrennung können gering sein, wenn diese Trennung kein chaotischer Prozess ist, sondern verantwortungsvoll organisiert wird.“Die selbstbewusste Rückblende auf die 20-jährige (Erfolgs-)Geschichte der Tschechischen Krone nahm dann auch Zentralbankchef Singer zum Anlass, um mitzuteilen:
„Das gibt mir hoffentlich das Recht zu konstatieren: In der Tschechischen Nationalbank sehen wir gegenwärtig keine Gründe dafür, uns in absehbarer Zeit unserer eigenen Währung zu entledigen.“