„Drinnen und Draußen“: Künstler machen Goethe-Institut schöner und lebendiger

Foto: Romy Ebert

Prächtig thront es am Ufer der Moldau: das Gebäude des Prager Goethe-Instituts. 1905 erbaut, ist das Haus eines der auffälligsten Jugendstilgebäude der Stadt. Von innen war es aber im Laufe der Jahre mehr und mehr funktional eingerichtet worden. Schade drum, fand die Leitung des Goethe-Instituts und rief fünf deutsche Künstler dazu auf, dem öffentlich zugänglichen Teiles des Hauses auch im Inneren ein künstlerisches Gesicht zu geben. Am Donnerstagabend wurden die so genannten „künstlerischen Interventionen“ nun offiziell präsentiert.

Ein langer Gang im Erdgeschoss. Bis auf die weißen Türen, die in verschiedene Klassenzimmer führen, ist er ganz in schwarz getaucht. An den schwarzen Wänden hängen - mal vereinzelt, mal gruppiert - Notizzettel und alte Familienfotos. Dort verschmilzt das eigentliche Schwarze Brett des Goethe-Instituts mit der Kunstinstallation von Sascha Weidner. Sein Werk „Die Leiden des jungen W.“ ist eine Facette der Neugestaltung des Prager Goethe-Instituts. Neben Weidner waren noch vier andere deutsche Künstler an der Umgestaltung beteiligt. Am Donnerstagabend durften Interessierte einen ersten Gang durch die neu eingerichteten Räume des Instituts wagen. Die Gäste, wie dieser Mann, waren begeistert:

Fotowand von Sascha Weidner
„Ich bin überhaupt kein Kunstkenner. Aber ich finde, dass das Goethe-Institut für eine offizielle Einrichtung unglaublich modern gestaltet ist. Die neuen Kunstwerke sind eine tolle Sache.“

Eine weitere Besucherin kennt das Institut noch aus der Zeit vor der Umgestaltung:

„Vorher gab es nur kahle, weiße Wände und manchmal kleine Ausstellungen, aber keine dauerhaften, riesigen Installationen. Auf jeden Fall ist es hier jetzt schöner und lebendiger.“

Heinrich Blömeke
Auch Institutsleiter Heinrich Blömeke schien sichtlich zufrieden, nachdem er am Donnerstagabend die Kunstwerke offiziell zum Bestaunen freigegeben hatte.

„Ich muss gestehen, ich bin wirklich überrascht und begeistert.“

Blömeke hatte sich in die Auswahl von Künstlern und Kunstwerken nicht einmischen wollen und sein vollstes Vertrauen in Kurator Stephan Berg gesetzt. Die Idee zu der Umgestaltung hatte allerdings der Institutsleiter, nachdem er 2008 neu nach Prag kam. Ihn beeindruckte das prachtvolle Gebäude am Moldauufer, er musste aber feststellen:

Julia Schmid erklärt ihr zweites Kunstwerk im Goethe-Institut
„…dass die Innenausstattung des Hauses zu sehr den Eindruck einer Behörde vermittelte.“

Seitdem wuchs die Idee, das Interieur der öffentlich zugänglichen Gebäudeteile neu zu gestalten. Nun ist sie Realität. „Drinnen und Draußen“ heißt die Zusammenstellung der sieben einzelnen Kunstwerke, die bereits im Laufe des Jahres nach und nach im Haus angebracht wurden. Darunter auch die beiden „künstlerischen Interventionen“ von Julia Schmid.

„Eine künstlerische Intervention greift in etwas Bestehendes ein und reagiert darauf. Das heißt, man bringt nicht nur etwas Fremdes mit, sondern man schaut zuerst, wie die Situation vor Ort ist. Die Intervention kann die Atmosphäre so verändern, dass man den Raum neu empfindet. Das kann störend oder positiv aufgenommen werden. Aber definitiv wird eine neue Orientierung an dem Platz geschaffen.“

Besucher vor einer „Bücheruhr“ von Julia Schmid
Schmid war der Raum vor der Bibliothek im ersten Stock anvertraut worden. Deswegen hat sie unter anderem „Bücheruhren“ erstellt. Dafür forderte sie einige Bibliotheksbenutzer auf, ihre Lieblingsbücher nach einem persönlichen Prinzip zu sortieren und im Kreis anzuordnen. So zeigt ihr Kunstwerk nicht nur ihre Außensicht auf das Goethe-Institut, sondern auch die Persönlichkeit der Besucher und somit des Instituts an sich. Der Titel der Ausstellung „Drinnen und Draußen“ entstand genau durch solche Ideen.

Die sieben künstlerischen Interventionen werden zunächst für drei Jahre im Goethe-Institut gezeigt. Ob danach neue Kunstwerke in das Gebäude einziehen, ist noch offen.

Fotos: Romy Ebert

Autor: Romy Ebert
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