Arztbuchung gegen Gebühr – Legalisierung einer gängigen Praxis
Das tschechische Gesundheitssystem ist im Wandel: Seit dem 1. Juni können sich Patienten einen konkreten Arzt für eine geplante Operation im Krankenhaus aussuchen – wenn sie dafür bezahlen. Durch diese Regelung soll die Bestechung im Gesundheitssystem verringert werden.
Angeblich soll es gängige Praxis gewesen sein: Ein gefüllter Briefumschlag in die Hände eines fähigen Mediziners, um eine vernünftige Behandlung im Krankenhaus sicherzustellen. Eine junge Frau erzählt:
„Meine Großmutter brauchte vor etwa zehn Jahren eine Knieprothese. Sie war bei einem der bekanntesten Ärzte in einer sehr renommierten Einrichtung und hat gefragt, wie lange sie auf die Operation warten müsse. Es wurde ihr gesagt, dass sie sehr lange warten müsse, allerdings würde man sie bei einer Zahlung auf der Warteliste nach vorne rücken und so schneller operieren.“
Nun soll es ganz legal die Möglichkeit geben, durch eine Zahlung zwischen umgerechnet 200 bis 600 Euro sich einen bestimmten Arzt für eine Operation auszusuchen. Die Zuzahlung soll zur Hälfte an das Krankenhaus gehen, die andere Hälfte an den Arzt. Die Befürworter dieser Regelung betonen, dies diene nicht nur der Legalisierung der bisherigen Praxis. Es führe auch dazu, einen Wettbewerb unter den Ärzten und Kliniken auszulösen. Denn die besten Spezialisten würden den Kliniken auch höhere Einnahmen bescheren. Dieser Meinung ist auch der Chef der Geburtsklinik im Prager Stadtteil Podolí, Jaroslav Feyereisl:„Das ist ein Schritt, um alles transparenter zu gestalten. So kann ein Teil des Geldes, das sowieso gezahlt wird, dem Betrieb der medizinischen Einrichtung zugute kommen.“Eine junge Frau in der Klinik hält die Regelung ebenfalls für sinnvoll:
„Wenn ich den Arzt kenne, der mich behandelt, hilft das sehr und wenn ich dann auch noch eine bessere Pflege bekomme, dann bin ich gerne bereit, dafür extra zu bezahlen.“
Es gibt aber auch Kritik. Luboš Olejár vom Verband der Patienten erklärt, warum er die Zuzahlung ablehnt:
Die Befürworter der Neuerung und Vertreter von Krankenhäusern sehen diese Gefahr nicht. Die Universitätsklinik in Hradec Kralové / Königgrätz möchte die Operationen mit Zuzahlung zum Beispiel auf das Wochenende legen, um den normalen Betrieb nicht zu stören. Und eine Bevorzugung bei Wartezeit stünde gar nicht zur Debatte.
Eliška Wagnerová, ehemalige Richterin am obersten Verfassungsgericht und ausgewiesene Gegnerin der Neuregelung, verweist aber auf einen Effekt, der sich ihrer Meinung nach zwangsläufig einstellen wird:„Wenn man eine solche Zuzahlung einführt, eliminiert man automatisch die Möglichkeit, eine Operation ohne Zahlung zu erhalten. Ich bin mir sicher, dass sich diese Praxis noch ausweiten wird, weil der Arzt dann ein hohes Interesse daran entwickelt, sein Einkommen mithilfe dieser Zuzahlungen zu verbessern.“
Das Gesundheitsministerium hat den medizinischen Einrichtungen im Land freie Hand bei der Einführung gegeben. Ob sie die Möglichkeit anbieten, einen bestimmten Arzt zu buchen oder nicht, entscheiden die Krankenhäuser also selbst. Das Krankenhaus im Prager Stadtteil Vinohrady hat bereits angekündigt, die Zuzahlung zu ermöglichen, andere Einrichtungen wollen erst einmal abwarten, ob die Patienten die Regelung annehmen.