Religionsphilosoph Halík: Havels Glaubensbekenntnis war seine Solidarität mit den Unterdrückten

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An den verstorbenen Ex-Präsidenten Václav Havel wurde in den vergangenen Tagen an vielen Orten Tschechiens erinnert. Ein Requiem für den Verstorbenen fand in der akademischen Pfarrei in der Salvatorkirche in der Prager Altstadt.

Messe in der Salvatorkirche mit Tomáš Halík  (Foto: ČTK)
Die Messe in der Salvatorkirche zelebrierte Havels Freund, der katholische Priester und Religionsphilosoph Tomáš Halík. Vor der vollen Kirche hob er in seiner Meditation hervor, wodurch sich Havel von anderen Staatsmännern unterschieden hatte. Halík zitierte zuerst aus seiner eigenen Rede, die er 2003 im Prager Nationaltheater gehalten hatte, als sich Havel vom Präsidentenamt verabschiedete. Halík zufolge hatte Präsident Havel die Angewohnheit den Zustand der Gesellschaft zu beschreiben, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

„Unser Land blüht nicht auf, sagten Sie, Herr Präsident, in Ihrer ersten Neujahrsansprache. 13 Jahre lang waren Sie gezwungen, über viele wenig erfreuliche Tatsachen zu sprechen. Oft schien es, dass Sie Präsident und Dissident in einer Person waren. Damit unterscheidet sich aber ein verantwortungsbewusster Staatsmann von einem Populisten.“

Havels Fähigkeit, über globale Probleme nachzudenken, sorgte laut Halík dafür, dass er von bestimmten Kreisen als ein idealistischer Träumer bezeichnet wurde. Andererseits habe eben diese Fähigkeit Havels dem Präsidenten Respekt auf der ganzen Welt gebracht:

„Da Sie, Herr Präsident, ein Mensch aus dem Bereich der Kultur sowie der Politik geblieben sind, konnten Sie die Politik bereichern. Eine intellektuell leere Politik, die nur von ideologischen Themen lebt, führt die Gesellschaft auf einen Irrweg. Ihr Machtmittel blieb immer das Wort. Der Politik haben Sie eine neue Sprache verliehen. Damit haben Sie das Interesse der Welt geweckt.“

Halík war in den letzten Jahren durch die ganze Welt gereist. Dabei habe er überall gehört, wie Havels Name mit viel Respekt ausgesprochen wurde:

Václav Havel
„Nicht nur an den Universitäten, sondern auch von Menschen, die Tschechien kaum auf der Landkarte gefunden hätten: vom chinesischen Polarforscher in der Antarktis über den japanischen buddhistischen Mönch bis zum Zöllner in Nepal.“

Havel gehörte laut Halík nicht zu denjenigen, die die Wunden der Welt ignorieren und vor der Verantwortung zu flüchten versuchen. Halík sagte, er könne Stunden lang Stellen zitieren, an denen Václav Havel direkt oder indirekt über Gott spricht.

„Havels wirkliches Glaubensbekenntnis war seine Solidarität mit den Unterdrückten, sein Dienst für die Menschen im Namen der Freiheit. Er bemühte sich, trotz sämtlicher menschlicher Schwächen in der Wahrheit zu leben. Ich bin davon überzeugt, dass Havels Dienste für das Menschentum von Gott geschätzt werden. Und derartiger Ruhm bedeutet mehr als das, was in den Reden der Staatsmänner und in den Kommentaren der Medien zu hören sein wird. Bemühen wir uns – jeder auf seiner Stelle – in der Wahrheit zu leben. Die Wahrheit bedeutet mehr als die Macht, weil sie dauerhaft ist.“