„Bischöflicher Briefwechsel von 1990 war prophetische Arbeit“

Robert Zollitsch und Dominik Duka (Foto: ČTK)

Es war ein Neuanfang des tschechisch-deutschen Dialogs. Der Briefwechsel zwischen den tschechoslowakischen und deutschen katholischen Bischofskonferenzen von 1990 hat sich auf die weiteren tschechisch-deutschen Initiativen ausgewirkt. Am Donnerstag erinnerten die tschechischen und deutschen Bischöfe bei einer Feierstunde in Prag an die Ereignisse von 1990.

Schon kurz nach der Wende, am 11. Januar 1990 veröffentlichte der damalige Prager Erzbischof, Kardinal František Tomášek, eine Erklärung, in der er zur Versöhnung der Völker der Tschechoslowakei und Deutschlands und zur gemeinsamen Verantwortung für die Zukunft Europas aufforderte. Der Kardinal bezeichnete in seinem Dokument die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nach dem Krieg als eine „gesetzwidrige und unmenschliche Tat“. Deutsche Bischöfe reagierten darauf mit einem dankenden Schreiben. Das Dokument nannten sie „Die Wahrheit und Liebe wird uns befreien“ nach einem Zitat aus der Botschaft von Kardinal Tomášek. Es folgte dann erneut die Antwort der tschechoslowakischen Bischöfe. Der Dialog zwischen den Christen der beiden Länder habe, aus heutiger Sicht, einen Neuanfang in den bilateralen Beziehungen dargestellt, hieß es während des deutsch-tschechischen Treffens der Bischöfe am Donnerstag. Der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz, Erzbischof Dominik Duka, erinnert sich an die Ereignisse von 1990:

„Ich war damals Provinzial der Dominikaner und war auch als Beobachter bei der Bischofskonferenz tätig. Diese Texte waren auch eine Reaktion auf den Besuch von Präsident Havel in Deutschland. Das Dokument entstand dank Tomáš Halík, der zu der Zeit im Sekretariat der Bischofskonferenz arbeitete, dank Bischof Radkovský und dem damaligen Bischof von Budweis, Miloslav Vlk. Sie haben gemeinsam den Text für Kardinal Tomášek damals vorbereitet. Ich muss aber sagen, dass wir über die Thematik der Versöhnung, die in den Briefen von 1990 angesprochen wurde, schon vor der Wende gesprochen haben, im Kreis der Berater des Kardinals.“

In wie weit haben sich die Dokumente, die von den kirchlichen Kreisen hervorgingen, auf die Entwicklung der tschechisch-deutschen Beziehungen ausgewirkt?

„Der Text wirkte sich meiner Meinung nach auf die Entwicklung der bilateralen Beziehungen bis 2002 aus. Ich bin davon überzeugt, dass die Briefe damals eine Art prophetische Arbeit waren.“

Die Meinung von Dominik Duka teilt auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch:

Robert Zollitsch,  Karel Schwarzenberg und Dominik Duka zwanzig Jahre nach dem Anfang des tschechisch-deutschen Dialogs  (Foto: ČTK)
„Es war zweifellos ein historisches Ereignis. Die Kirchen haben begonnen, aufeinander zuzugehen und die beiden Völker, die Deutschen und die Tschechen zusammenzuführen. Es war wirklich ein Neuanfang, denn dieser Briefwechsel hat vieles in Bewegung gesetzt: Es wurde an die gemeinsame Geschichte geschaut und man hatte den Mut, in den Briefen auch das anzusprechen, was ein Laster ist. Aber die Briefe haben eingeladen, zu verzeihen und nach vorne zu schauen. Und das ist eine wichtige Aufgabe der Kirche, zur Versöhnung beizutragen. Mit diesem Briefwechsel haben auch die Politiker Anstöße bekommen.“