Dichter Rainer Maria Rilke kehrt in seine Geburtsstadt zurück: Gedenktafel am Prager Graben enthüllt

Foto: ČTK

Rainer Maria Rilke, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Autor der „Duineser Elegien“ und zahlreicher weiterer Gedichtbände, wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren. Die Beziehung des Dichters zu seiner Geburtsstadt blieb sein ganzes Leben lang ambivalent. Er hat sie als Zwanzigjähriger für immer verlassen, doch in seinen Werken blieb Prag immer präsent. An diesem Mittwoch ist Rainer Maria Rilke symbolisch in seine Heimatstadt zurückgekehrt: Am Haus Nummer 16 am Prager Graben wurde für ihn eine Gedenktafel feierlich enthüllt. Besonders dafür eingesetzt hat sich das Prager Literaturhauses deutschsprachiger Autoren. Radio Prag aht bei der feierlichen Einweihung die Direktorin des Literaturhauses, Lucie Černohousová, ans Mikrophon gebeten.

Gedenktafel an Rilke  (Foto: ČTK)
Wir stehen am Prager Graben, auf der Straße Na Příkopě. Hier wurde soeben eine Gedenktafel und eine Büste von Rainer Maria Rilke enthüllt. Wie lang war der Weg bis zur heutigen feierlichen Enthüllung?

„Es war ein sehr, sehr langer Weg. Das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren hat sich seit zwei Jahren um die Gedenktafel für Rainer Maria Rilke bemüht, und es freut mich außerordentlich, dass es jetzt endlich geklappt hat.“

Warum wurde gerade dieser Ort gewählt? Welche Beziehung hat das Haus, vor dem wir stehen, zu Rainer Maria Rilke?

„In dem Eckgebäude zwischen den Straßen Panská und Na Příkopě war früher die deutsche Schule untergebracht, die von den Piaristen betrieben wurde und die auch Rilke besucht hat. Ich muss allerdings sagen, das Prager Literaturhaus hat sich ursprünglich bemüht, die Gedenktafel in der Heinrichgasse (Jindřišská) unterzubringen, wo sein Geburtshaus stand. Das hat leider mit dem Besitzer des Hauses aus bestimmten juristischen Gründen nicht geklappt.“

„Rilke hatte eine ambivalente Beziehung zu Prag. Er wollte stets weg aus dieser Stadt, aber trotzdem hat er sich Prag in seinen Werken immer wieder zugewandt. Er war für Prag und den Literaturbetrieb der Stadt sehr bedeutend.“

Wenn Sie sagen, er hat sich der Moldaustadt in seinen Werken zugewandt, bedeutet dies, dass Prag in seinen Werken direkt als Thema erscheint oder dass er sich wohl eher zur Prager literarischen Tradition bekannt hatte?

„Man könnte eigentlich beides sagen. Manche seiner Gedichte beschreiben konkrete Orte in Prag, das haben wir auch heute bei der Enthüllung der Tafel gehört. Rilke stammt aber aus Prag und wurde natürlich von der lyrischen Tradition Prags beeinflusst.“

Wer war an der Entstehung dieser Gedenktafel beteiligt. Wem verdankt man die Büste und die Tafel?

„Der graphische Entwurf zur Büste stammt von der akademischen Bildhauerin Vlasta Prachatická und der Entwurf für die Tafel von Professor Stanislav Kolíbal. Ich möchte mich aber auch bei Galina Vaněčková, der Vorstandsvorsitzenden der Marina-Zwetajewa-Gesellschaft herzlich bedanken. Der Gesellschaft und dem Prager Literaturhaus ist es gemeinsam gelungen, die Tafel zu realisieren. Man muss aber auch erwähnen, ohne den Magistrat der Hauptstadt Prag hätten wir das nicht finanzieren können. Dafür möchte ich mich auch herzlich bedanken.“