Designierte Leiterin des Tschechischen Zentrums Berlin: „Es herrscht große Kulturkonkurrenz“
Das tschechische Zentrum Berlin hat eine neue Direktorin. Ab Januar 2012 wird Monika Štěpánová die kulturelle Vertretung der Tschechischen Republik in Berlin übernehmen und den deutschen Hauptstädtern die tschechische Lebensweise näher bringen. Štěpánová hat Germanistik in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn studiert und ist kein Neuling in der Kulturvermittlung: Fünf Jahre war sie im Prager Goethe-Institut als Kulturmanagerin tätig und hat anschließend für fünf Jahre die Leitung des Tschechischen Zentrums in Bukarest übernommen. In der heutigen Ausgabe unserer Sendereihe „Aviso – Kultur grenzenlos“ hören sie ein Interview mit der künftigen Direktorin, in dem sie mehr über sich, ihre bisherige Tätigkeit in Rumänien und ihre Pläne für Berlin berichtet:
„Berlin - das war eine persönliche Entscheidung. Und es ist toll, dass ich nun tatsächlich designierte Direktorin des Tschechischen Zentrums bin und es leiten werde. Ich habe eine lange Beziehung zu Deutschland und zur deutschen Kultur. Ich habe in Bonn Germanistik studiert. Dort habe ich mein komplettes Studium verbracht und danach habe ich fünf Jahre am Goetheinstitut in Prag gearbeitet und als Kulturreferentin sehr viele deutsch-tschechische Projekte betreut. Im Anschluss habe ich mit eine Pause gegönnt und bin für fünf Jahre nach Rumänien gegangen. Das war sehr gut, man bekommt dann ein bisschen Abstand und sieht plötzlich die bilateralen Sachen von außen und dadurch bekommen sie ein anderes Gewicht. Mit meiner Berufung nach Berlin bin ich nun aber sozusagen zurückgekommen.“
Waren Sie in Rumänien auch Leiterin des Tschechischen Zentrums, oder haben Sie dort etwas anderes gemacht?„Nach Rumänien bin ich zuerst mit den Tschechischen Zentren gegangen und habe dann dort das Zentrum fünf Jahre geleitet.“
Was war dort in Rumänien der Schwerpunkt Ihrer Arbeit? Worauf haben Sie sich besonders konzentriert?
„Wir haben in Bukarest sehr viel mit jungen Leuten gearbeitet. Durch die spezifische politische Situation in Rumänien, kann man dort am besten mit den jungen Leuten, mit der jungen Generation arbeiten. Wir haben viele verschiedene Sachen gemacht, die junge Leute interessieren. Wir haben mit audiovisueller Kunst angefangen, mit zeitgenössischer Kunst und mit Mode und Design. Das hat dort wirklich sehr gut funktioniert. Das größte und erfolgreichste Projekt, das wir in Rumänien gemacht haben, war ein Filmfestival über die Menschenrechtsproblematik. Das haben wir zusammen mit dem Prager Festival ‚One World’ gegründet. Daraus ist eine rumänische Initiative geworden. Es ist ein Festival, das wirklich sehr viele Leute erreicht hat und ich hoffe, dass es etwas bewegt hat. Das Festival existiert weiter und es ist eine Hauptinitiative des Tschechischen Zentrums gewesen.“
Von Rumänien kommen Sie nun in die deutsche Hauptstadt, die den Ruf hat, Bürgermeister Wowereit hat das geflügelte Wort gebraucht, ‚arm, aber sexy’ zu sein. Vor allem Kultur und Lifestyle dominieren die deutsche Hauptstadt. Was haben Sie für Erwartungen, was glauben Sie, was da auf Sie zukommt?„Also in Berlin gibt es natürlich eine sehr große Kulturkonkurrenz, die ist auf allen Ebenen sichtbar. Da gibt es die alternativsten Künstler, die Street-Art-Künstler, und natürlich große Institutionen. Da muss man schon etwas Interessantes bringen, um sich zu behaupten oder um sichtbar zu werden. Also was ich erwarte ist erstmal, von der Breite des Angebots inspiriert zu werden und dann Kunst aus Tschechien zu zeigen, die in Berlin wiederum zur Inspiration wird. Ich weiß, dass Kultur eine permanente Debatte in Berlin ist und bin schon sehr gespannt, welchen Teil wir in dieser Debatte übernehmen können. Wir, als das neue Tschechische Zentrum.“
Welche Akzente möchten Sie gerne setzen, wenn Sie das Zentrum übernehmen, oder in welche Hauptrichtung soll die Arbeit unter Ihnen dann gehen?
„Wir werden sicher sehr viel mit zeitgenössischer Kunst machen. Einer der Hauptakzente wird die aktuelle Kultur von jungen Leuten werden, denn wir würden gerne mehr junges Publikum erreichen. Gerne würde ich auch meine persönliche Passion, den Dokumentarfilm, den Menschenrechtsfilm, einbringen. Solche Filme werden wir sicher verstärkt im Programm haben und ich denke mir, dass das auch ein sichtbarer Unterschied zu der Arbeit meiner Vorgänger sein wird. Allerdings denke ich auch, dass das Tschechische Zentrum Berlin so wichtig und so (räumlich) nahe zu Tschechien ist, dass wir es uns nicht erlauben können, uns nur auf diese Felder zu spezialisieren. Deshalb werden wir alle möglichen weiteren Bereiche abdecken, wir werden sicher in der Vergangenheitsbewältigung aktiv sein und wir werden auch traditionellere Kunst- und Kulturbereiche präsentieren. Das wird vielleicht nicht im verstärkten Maße stattfinden, aber ich sehe die Aufgabe des Tschechischen Zentrums darin, wirklich die Breite anzubieten.“
Haben Sie denn schon eventuelle Partner im Blick, also Institutionen, mit denen Sie zusammenarbeiten wollen, oder ist das noch in zu weiter Ferne?
„Nein, es ist nicht in zu weiter Ferne. Ich gehe davon aus, dass das Tschechische Zentrum schon lange und erfolgreich gearbeitet hat. Das heißt, es gibt bereits Partner, die sind bewährt, die bereits gut mit dem Tschechischen Zentrum zusammengearbeitet haben, und wir werden sicher versuchen, diese zu behalten. Für alle neuen Initiativen werden wir neue Partner suchen. Ich denke mir, die Suche beginnt dann mit einem konkreten Projekt aus der Tschechischen Republik, das wir hier anbieten werden. Damit der Kontakt dann frisch ist, damit das Interesse klar ist und wir nicht etwas Abstraktes beginnen, was wir dann konkret zu Ende führen müssen, das ist dann immer schwieriger.“
Werden Sie auch in Berlin leben und haben Sie sich schon überlegt, wo? Es ist in Berlin immer eine große Diskussion, in welchem Stadtteil, in welchem Kiez man sich ansiedelt.„Ich werde sicher nach Berlin umsiedeln, im Moment bin ich aber noch am überlegen, ob wir nicht in Potsdam wohnen werden. Es gibt viele Teile von Berlin, die sind wirklich attraktiv, aber ich kann mir auch Potsdam sehr gut vorstellen.“