„Schwerpunkt liegt auf dem Zusammenleben“ - das geplante Sudetendeutsche Museum in München
München ist in den Jahren nach der Vertreibung zu einem Zentrum der Sudetendeutschen geworden. Die meisten Deutschen aus den böhmischen Ländern siedelten sich in Bayern an. Der ehemalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß bezeichnete die Sudetendeutschen deswegen einmal als „vierten Stamm“ Bayerns. Nun soll in München das Sudetendeutsche Museum entstehen.
„Es ist so, dass die Vertriebenen aller Regionen schon ihre Museen haben. Dazu gehören das pommersche Museum, das ostpreußische, das westpreußische, das donauschwäbische und auch das siebenbürgische Museum. Die Sudetendeutschen sind da ein bisschen ein Nachzügler. Vielleicht auch deswegen, weil man sich lange nicht so ganz klar darüber war, wer es den finanziert: Der Freistaat Bayern oder die Bundesrepublik Deutschland, oder ob es paritätisch finanziert wird.“
Nach einigen Verhandlungen konnte man sich auf ein Konzept und einen Gründungsbeauftragten sowie einen Standort einigen. Das Museum will sich aber nicht auf die Vertreibung der Deutschen konzentrieren, so Rogasch:
„Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, das Zusammenleben zwischen Tschechen, Deutschen und Juden zu dokumentieren. Und zwar nicht nur im 20. Jahrhundert, sondern schon im Mittelalter. Es gibt viele spannende Themen eines gedeihlichen und auch fruchtbaren Miteinanders und wir wollen auch versuchen, dieses Zusammenspiel dieser drei Ethnien auszustellen.“Die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin plant ebenfalls eine Dauerausstellung zu den Vertreibungen im 20. Jahrhundert. Das Projekt wurde vom Bund der Vertriebenen angestoßen und von der Bundesrepublik finanziert. Winfried Rogasch sieht zwar Raum für Zusammenarbeit, betont aber die unterschiedlichen Konzeptionen:
„Es wird sicherlich eine Zusammenarbeit geben. Allerdings liegt bei uns nicht der Schwerpunkt auf der Vertreibung sondern auf dem Zusammenleben. Wir wollen zwar die Vertreibung zeigen, aber wir möchten eben doch das Zusammenleben der Menschen in den Vordergrund rücken und weniger, wie es in Berlin geplant ist, das 20. Jahrhundert als ein Jahrhundert der Vertreibungen darstellen.“Das Zusammenleben der Deutschen und Tschechen möchte auch eine weitere Institution dokumentieren. Dabei handelt es sich um das Collegium Bohemicum in Ústí nad Labem. Fast zeitgleich wird dort im Stadtmuseum ebenfalls eine Ausstellung zur Geschichte der Deutschen aufgebaut, auch dort möchte man nicht nur das 20. Jahrhundert dokumentieren. Winfried Rogasch sieht aber andere Motive für die Gründung:
„Es ist eigentlich ein Zufall, dass es diese beiden Häuser gibt. Die Faktoren, die zur Gründung geführt haben, sind schon sehr unterschiedlich. Hier in Tschechien, interpretiere ich das so: Man meinte wohl, diese Lücke, diesen weißen Fleck im nationalen Selbstverständnis, auffüllen zu wollen mit diesem Museum.“
In Deutschland sei es dann umgekehrt: Dort haben die Sudetendeutschen den Wunsch, die Lücke der verlorenen Heimat schließen. Das Museum in München steckt aber, im Gegensatz zu Ústí nad Labem, noch in den Kinderschuhen. Rogasch hat bislang noch keinen Mitarbeiterstab, das Museumsgebäude steht noch nicht und nur wenige Exponate befinden sich bisher in der Sammlung. Daher wird die Eröffnung des Museums wohl noch auf sich warten lassen:
„Optimistisch gesagt, denke ich, dass es etwa drei bis vier Jahre dauern wird. Vor 2015 wird das Haus mit Sicherheit nicht eröffnet sein.“