Tschechen fahren wegen hoher Benzinpreise weniger Auto oder steigen auf Diesel um
Autofahren in Tschechien wird immer mehr ein teurer Spaß. Nach der ersten größeren Erhöhung der Kraftstoffpreise im vergangenen Jahr, müssen die Tschechen in diesem Jahr neue Rekordpreise für Benzin und Diesel zahlen. Mit Ausnahme von Deutschland konnte man Mitte Juni in allen Nachbarstaaten billiger tanken als in Tschechien. Selbst in Frankreich waren Superbenzin und Diesel preiswerter zu haben. Wie aber reagieren die Tschechen auf den Preisanstieg?
Eine längere Autofahrt ist für viele Tschechen schon ein teurer Luxus. Deshalb schränken sie sich ein. Im ersten Quartal dieses Jahres fuhr der normale Autofahrer im Schnitt 60 Kilometer im Monat weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das machte sich auch im Kraftstoffverbrauch bemerkbar. Wurden an den tschechischen Tankstellen von Januar bis März 2010 noch 524 Millionen Liter Benzin verkauft, so war es in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 31 Millionen Liter weniger.
„Im ersten Quartal dieses Jahres ging der Benzinverbrauch um sechs Prozent zurück“, bemerkt Václav Loula vom Tschechischen Verband der Petroleumindustrie.
Am meisten verzichten jetzt die Einwohner aus Nordböhmen und Nordmähren auf das Autofahren. Das ist verständlich, denn das sind die Regionen mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Tschechien. Oder aber sie fahren zum Tanken über die Grenze nach Polen, wo der Liter Benzin im Schnitt um drei Kronen (ca. 12 Euro-Cent) billiger ist. Andere wiederum steigen vom Benziner auf ein Dieselfahrzeug um. Dazu sagt Loula:„In Tschechien wird mehr Diesel als Benzin getankt. An den Tankstellen liegt der Anteil des gezapften Diesels bei nahezu 60 Prozent, vor fünf bis acht Jahren war das noch genau umgekehrt.“
Damit hat Tschechien zur „Normalität“ zurückgefunden, denn auch in allen anderen EU-Ländern ist das Benzingemisch in der Regel teurer als der Dieselkraftstoff. Nicht die Regel aber ist die Preisdifferenz, die es in Tschechien zwischen einer Autobahn-Tankstelle und der jeweils ersten Tankstelle nach einer Autobahnausfahrt gibt. In Tschechien liegt diese Preisdifferenz bei rund zehn Prozent, der EU-Durchschnitt aber nur bei acht Prozent. Kein Wunder also, wenn die Tankstellenpächter an Tschechiens Autobahnen einen geringeren Umsatz machen als ihre Kollegen in Österreich, Polen oder der Slowakei. Zu geringeren Einnahmen an den Zapfsäulen kommt es aber ebenso, wenn noch ein ganz spezieller Grund vorliegt. So gut wie nicht getankt wird im Land, wenn zum Beispiel eine tschechische Mannschaft im Fußball oder Eishockey zu einem sehr wichtigen Spiel antritt. Dann sind hierzulande die Straßen wie leergefegt. Das war erst jüngst in der ersten Maihälfte der Fall, als die tschechischen Eishockeycracks bei der WM in der Slowakei brillierten.„Während eines Eishockeyspiels sinkt der Verkauf von Kraftstoff um bis zu 80 Prozent“, gibt ein Tankstellenwart ohne Umschweife zu.Ein weiterer Grund für Umsatzeinbußen aber liegt möglicherweise an den Tankstellenbetreibern selbst. Im vergangenen Sommer wurden Benzin und Diesel so schlecht verkauft wie seit Jahren nicht mehr. Der Grund: Der tschechische Staat hatte zu Beginn des Jahres 2010 die auf den Kraftstoff erhobene Verbrauchssteuer drastisch erhöht. Die Folge: Im vorigen Sommer gab es in Tschechien auch das teuerste Benzin in ganz Mitteleuropa. Der Analytiker der Agentur Cyrrus, Jan Procházka, erklärt, woran das auch noch lag:
„Um den Verkauf von Benzin und Diesel wieder anzukurbeln, hätten die Tankstellenbetreiber eigentlich ihre Gewinnspanne reduzieren müssen. Doch sie taten genau das Gegenteil und haben gerade für die Sommerperiode ihre Gewinnspanne nochmals erhöht.“Man darf also gespannt sein, welche Lehren die tschechischen Tankstellenbetreiber daraus für diesen Sommer gezogen haben.