Sexuelle Belästigung an Hochschulen: zwei Drittel der Studierenden betroffen
Zwei von drei Hochschülerinnen und Hochschülern hierzulande wurden auf die eine oder andere Art seitens der Lehrenden sexuell belästigt. Dies ist eines der Ergebnisse einer Untersuchung, die das Soziologische Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften nun veröffentlicht hat.
Die Lücke dazwischen, wie sexuelle Belästigung definiert wird und wie man die eigenen Erfahrungen wahrnimmt, sei riesig, sagt Marta Vohlidalová und fügt hinzu:
„Als wir die Gespräche geführt haben, haben die Leute die Vorkommnisse zwar nicht als sexuelle Belästigung bezeichnet, dies ändert aber nichts daran, dass die Situationen für sie unangenehm waren, ihre Würde verletzten und ihrer Meinung nach nicht in die Schule gehören.“Am häufigsten ist man verachtenden Aussagen über Männer und Frauen, über ihr Aussehen und ihre Fähigkeiten und Begabungen für bestimmte Tätigkeiten begegnet, die sogar zum üblichen Kommunikationskolorit an Hochschulen gehören. Jede fünfte Studentin und jeder zwölfte Student wurden vom Lehrer oder von der Lehrerin auf ein Glas oder zu einem Privattreffen eingeladen. Acht Prozent der Frauen und sieben Prozent der Männer haben Erfahrungen mit Berührungen gemacht. Eine Studentin und ein Student der 700 Befragten haben erlebt, dass man von ihnen Sex als Gegenleistung für einen Vorteil verlangt hat. Die Befragung zeigte auch, dass 70 Prozent der Studentinnen und Studenten nicht wissen, wie sie im Falle sexueller Belästigung reagieren sollten. Viele würden die Einführung von strengen Regeln begrüßen, dennoch verfügen die Universitäten zurzeit über keine derartigen Maßnahmen:
„Es ist am wichtigsten, dass die Universitäten offen anerkennen, dass die sexuelle Belästigung einschließlich sexistischer Anspielungen etwas ist, was nicht dahingehört. Im Ausland bewährte sich die Formulierung ethischer Kodices, wo ein System von Prozeduren und Maßnahmen beschrieben ist, die die Studenten nutzen können. Wichtig ist, ein Netz von Kontaktpersonen zu haben, an die man sich wenden kann.“
So etwas könne nach Marta Vohlídalová nicht von oben angeordnet werden, da die Hochschulen über ihre Autonomie und Unabhängigkeit vom Staat wachen. Mit der Resonanz der Studie ist Vohlídalová allerdings zufrieden:„Wir haben einen ziemlich positiven Widerhall gefunden. Es melden sich Hochschulen und äußern Interesse an der Studie, sei es für Bibliotheken oder für Abteilungen, die die Einführung eines ethischen Kodex erwägen. Ich betrachte es als Erfolg, dass die Studie dort Interesse geweckt hat, wo sie es wecken sollte. Und vielleicht beginnt man, das Problem zu lösen.“