Drogenmarkt: Tschechien auch bei Herstellung von Marihuana führend

In Europa gelten die Niederlande als das Land mit dem liberalsten Umgang mit Drogen. Anfang 2010 ist jedoch in Tschechien ein sehr liberales Drogengesetz in Kraft getreten, das der Hauptstadt Prag schnell den Beinamen „Amsterdam des Ostens“ einbrachte. Die Entwicklungen auf dem Drogenmarkt bestätigen diesen Trend: Tschechien war nicht nur seither eine der ersten Adressen zur Produktion der hochwirksamen Partydroge Crystal Speed – hierzulande als Pervitin bezeichnet, sondern ist nun auch zu einem führenden Land bei der Herstellung von Marihuana in Europa aufgestiegen.

Im vergangenen Jahr haben Polizisten und Zöllner in Tschechien 307 Drogenküchen zur Herstellung von Pervitin entdeckt. Das waren 35 weniger als im Jahr 2009 und sogar um mehr als 120 Drogenküchen weniger als im Negativ-Rekordjahr 2008. Ist die Produktion von Pervitin daher hierzulande auf dem Rückzug? Der Leiter der Nationalen Antidrogen-Zentrale (NPC), Jakub Frydrych, verneint:

„Auf keinen Fall! Diese Angabe muss man in dem Zusammenhang sehen, dass sich in unserer Zentrale immer noch die gleiche Anzahl von Polizisten mit der Aufdeckung von Drogenkriminalität befasst. Das Aufgabenfeld aber ist weitaus größer geworden. Wenn man zum Beispiel die von uns im vergangenen Jahr entdeckten illegalen Hanfzüchtungen zur Herstellung von Marihuana nimmt, dann stellt man fest, dass ihre Zahl um fast 90 Prozent zugenommen hat. Meine Leute mussten sich also zuletzt mehr mit diesem neuen Phänomen auseinandersetzen, als mit dem Aufspüren von Drogenküchen zur Herstellung von Pervitin.“

Jakub Frydrych stellt deshalb noch einmal unmissverständlich klar: „Ganz eindeutig: Pervitin ist für uns in Tschechien ein gesundheitliches, soziales und kriminelles Problem.“

Insgesamt haben die Ordnungshüter im vergangenen Jahr 145 große Hanfanbau-Flächen entdeckt, im Jahr 2009 waren es dagegen „nur“ 84 Anbauflächen gewesen. Eine alarmierende Entwicklung, so Frydrych:

Foto: Archiv ČRo 7
„Aus meiner Sicht ist ganz eindeutig der Markt auf Tschechien ausgeweitet worden. In der Vergangenheit waren wir noch ein kleines Land mit ein paar Menschen, die Hanf angebaut haben, um damit Marihuana für den Eigenbedarf zu gewinnen. Bei uns wurde Marihuana viel mehr ein- als ausgeführt. Nachdem aber die Zahl der Verbraucher eine gewisse Schwelle überschritten hat, ist die Nachfrage nach Marihuana derart gestiegen, dass nun auch hierzulande das organisierte Verbrechen in dieses Geschäft eingestiegen ist. Mit dem bei uns hergestellten Marihuana wird mittlerweile auch ein Teil des Bedarfs im Ausland gedeckt.“

Auf eine entsprechende Nachfrage bestätigt Frydrych noch einmal: „Die Produkte aus unseren großen Hanfzüchtungen gehen sowohl auf den in- als auch ausländischen Markt. Ganz massiv wird Marihuana ausgeführt, und am häufigsten dabei nach Deutschland.“

Die Drogenkonsumenten aus Deutschland würden häufig Metamphetamine und Marihuana in geringen Mengen einkaufen, sagte Frydrych. Dieser Drogentourismus werde vor allem in Nordböhmen mehr und mehr zum Problem, so der Drogenfahnder. Um die Aufputschmittel in illegalen Drogenküchen herzustellen, würden aus Deutschland wiederum in großen Mengen frei erhältliche Medikamente mit dem Inhaltsstoff Pseudoephedrin über die Grenze geschmuggelt.