Kommentare zum Tod des früheren Außenministers Jiří Dienstbier

Jiří Dienstbier

Beim täglichen Blick in die tschechischen Kommentarspalten bleiben wir heute aus gegebenem Anlass monothematisch. Jiří Dienstbier, der erste Außenminister der Tschechoslowakei nach der Samtenen Revolution von 1989, ist tot. Er verstarb am Samstag in Prag im Alter von 73 Jahren.

Jiří Dienstbier
Dienstbier begann als Journalist, wurde nach 1968 Dissident, unterzeichnete die Charta 77, wurde drei Jahre inhaftiert und blieb weiterhin ein linksgerichteter Antikommunist, vor allem aber blieb er Mensch. So lassen sich vielleicht die Stimmen und Kommentare zum Leben von Jiří Dienstbier knapp zusammenfassen.

Auch Jiří Hanák von der Právo hebt das Menschliche an Jiří Dienstbier hervor und schreibt:

„Jiří Dienstbier ist gestorben und mit ihm geht auch ein erhebliches Stück der neuen tschechischen Politikgeschichte. Das, was Gentleman-Charakter hatte, weltgewandt und dabei tschechisch war. Ein Verlust, der in der Tat nicht zu ersetzen ist. Und wenn es irgendeinen Berufshimmel gibt, dann wartet Jirka dort sicherlich auf der linken Seite des Haupteingangs auf Freunde. Die Zeit verkürzt er sich vielleicht durch eine Diskussion mit Václav Benda, der wiederum auf der rechten Seite des Haupteingangs wartet. Es ist sicher eine heftige Diskussion, aber korrekt und auf Konsens bedacht. So wie es sich für die Chartisten gehört.“



Pavel Rychetský, heute Verfassungsrichter und wie Jiří Dienstbier seinerzeit Unterzeichner der Charta 77, schreibt in der Právo:

„In seinem Widerstand und Bemühen hat er sich nie auf das niedrige Niveau seiner Gegner herabgelassen, sondern sich die Würde und Großzügigkeit eines freundlichen Menschen bewahrt, für den das moralische Ethos des Kampfes gegen die Totalität eine Selbstverständlichkeit ist. Und mit seinem nie einschlafenden Lebensoptimismus hat er in seiner Umgebung die Überzeugung verbreitet, dass unsere Sache nicht nicht gewinnen kann. (…) Den Glauben und die Überzeugung, dass es bessere Seiten des menschlichen Wesens gibt, hat Jirka auch nach seiner dreijährigen Zeit in Haft nicht verloren und sie auch nach dem Fall des kommunistischen Regime verbreitet.“

Auch Präsident Klaus meldet sich mit einer Würdigung in der Mladá fronta Dnes zu Wort, obwohl Dienstbier durch seinen Widerstand gegen den Kommunismus und seine eher links ausgerichteten Überzeugungen nicht gerade zu seinen Freunden zählte:

„Jiří Dienstbier war ein politischer Gegner, nie jedoch ein politischer Feind. (…) Ich habe es zu schätzen gewusst, dass er keine alten Grabenkriege ausgefochten hat, womit er sich von einem Teil der Generation des Jahres 1968 unterschied. Von dem Teil, der seine frühere kommunistische Vergangenheit durch leeren demonstrativen Antikommunismus zu heilen versuchte. Das hat Jiří Dienstbier nie nötig gehabt, und in diese billige Pose ist er nie hineingerutscht.“