„Den Politikern zum Trotz“ und das bedenkliche Verhalten von Präsident Klaus

Václav Klaus

Hohe Wellen schlägt derzeit die Korruptionsaffäre rund um den staatlichen Umweltfonds. Ein Berater von Umweltminister Pavel Drobil soll durch Manipulationen bei Ausschreibungen Geld für den Minister und dessen Partei, die Demokratische Bürgerpartei (ODS), abzuzweigen versucht zu haben. Der Leiter des Umweltfonds hat die Sache öffentlich gemacht. Inzwischen sind der Berater und der Leiter des Fonds gefeuert worden, der Umweltminister hat seinen Rücktritt erklärt. Und die Mitte-Rechts-Koalition versucht in hektisch einberufenen, stundenlangen Sitzungen, den Koalitionsfrieden wenigstens einigermaßen wiederherzustellen. Bisher ohne Erfolg. Am Dienstag droht der Regierung neues Ungemach: Die Opposition hat im Abgeordnetenhaus ein Misstrauensvotum gegen das Kabinett Nečas angesetzt. Stoff genug also für die Kommentatoren in den tschechischen Tageszeitungen

Pavel Drobil  (Foto: ČTK)
Radka Kovářová schreibt meint in der Právo, die Affäre zeichne ein erschütterndes Bild vom Zustand der Republik und der Selbstherrlichkeit ihrer Politiker:

„Wenn sie einmal die Gelegenheit dazu haben zu zeigen, dass sie es ernst meinen mit dem Kampf gegen die Korruption, dann reagieren sie chaotisch und verdächtig noch dazu. Der Premier verschließt lieber die Augen vor einer möglichen Korruptionsaffäre im Umweltressort, auf die dessen in der staatlichen Hierarchie nicht unbedingt unbedeutender Leiter Libor Michálek aufmerksam gemacht hat. Während Nečas – immerhin Parteichef der ODS - offensichtlich gegen seinen Willen und seine Überzeugung den Rücktritt von Pavel Drobil abnickt, zuckt er mit keiner Wimper, wenn Drobil – obwohl schon ohne Mandat – einen unbequemen Beamten abberuft, der rechtzeitig die Alarmglocken schrillen ließ und auf mögliche unsaubere Machenschaften hingewiesen hat.“

Radek John,  foto: ČTK
Dass Innenminister John, gleichzeitig Chef der selbsternannten Korruptionsjäger von der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten und oberster Polizeichef, dem Beamten aus dem Umweltministerium rät, mit dem belasteten Material anstatt zur Polizei zu einem von John empfohlenen Zeitungsjournalisten zu gehen, sage einiges aus über den Zustand des Innenministeriums und der tschechischen Polizei, meint Kommentatorin Kovářová in der Právo.

In der Mladá fronta dnes, jenem Blatt das die Korruptionsaffäre im Umweltfonds aufgedeckt hat, schreibt Martin Komárek:

„Es geht um das Schicksal der Regierung. Als die Herren Nečas, John und Kalousek (stv. Chef der Partei TOP 09, Anm.) nach sechs Stunden Verhandlungen vor die Presse traten, taten sie dies mit ernster Miene. Aber gesagt haben sie eigentlich nichts. Nur John ließ anklingen, dass seine Leute die Regierung stürzen könnten. Klar. Die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten steht so für fünf Minuten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.“

Václav Klaus | Foto: Radio Prague International
Es kursiere das ernstzunehmende Gerücht, jemand könnte den gefeuerten Chef des Umweltfonds Michálek dazu angestiftet haben, die geheimen Aufnahmen anzufertigen und zu veröffentlichen. Womöglich die TOP 09, um sich als Saubermann in der Regierung zu präsentieren und den Rivalen ODS zu diskreditieren. Oder die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, um von eigenen Schwächen abzulenken und ein paar Punkte in den schlechten Umfragewerten gutzumachen. Mehr als bedenklich sei auch die Rolle von Václav Klaus in der Affäre, meint Kommentator Komárek in der MF Dnes:

„Seinen Auftritt hatte am Wochenende auch der Herr Präsident. Ihn interessiert überhaupt nicht, ob Pavel Drobil oder zumindest sein Berater versucht haben, Geld zu stehlen. Ihm gefällt es, wie Drobil das Ministerium führt und würde ihn gerne dort halten. In Anbetracht der großen Popularität des Präsidenten muss man den Einfluss, den diese Worte auf die öffentliche Meinung haben, sehr ernst nehmen.“