Phallischer Lügendetektor: EU-Kommission verurteilt tschechische Asyl-Ämter
Nachdem die EU-Agentur für Grundrechte veröffentlicht hatte, dass tschechische Ämter in Asylverfahren die so genannte Phallometrie verwenden – ein Test zur Überprüfung der Homosexualität –, hat sich nun auch die EU-Kommission offiziell geäußert. Erniedrigend und ein Verstoß gegen die Menschenrechte, heißt es aus Brüssel. Radio Prag hat einen russischen Asylbewerber ausfindig gemacht, der den Phallometrie-Test mitgemacht hat.
„Am Anfang habe ich einen Test mit Fragen bekommen, den ich ausfüllen musste. Die meisten waren Fragen zur Kindheit. Danach stellten sie noch einige Fragen zu meinem Sexualleben, also wie ich mit meinem Partner zusammenlebe, ob wir uns treu waren. Dann setzt man sich in eine Kabine, und sie legen dir das Gerät zur phallometrischen Messung an. Da ist dann ein Bildschirm, auf dem sie dir im Wechsel Bilder von Frauen, Kindern und Männern zeigen. Manche Bilder zeigen den Sexualakt, andere zeigen zum Beispiel nur Naturaufnahmen. Das ganze dauert eine Stunde oder mehr. Das ist wie ein Lügendetektor.“
Die Methode hat sich von Prag aus in die Welt verbreitet. Entwickelt hatte sie in den kommunistischen 1950er Jahren der Sexologe und Psychiater Kurt Freund. Er arbeitete an Methoden, mit denen Homosexualität – verstanden als Krankheit - geheilt werden sollte. Einige Jahre später stellte er sich jedoch gegen die Versuche, gleichgeschlechtliche Sexualorientierung zu heilen, und emigrierte 1968 nach Kanada. Nach Ansicht des renommierten tschechischen Sexualwissenschaftlers Petr Weiss muss die Methode zwar Teil einer komplexen Untersuchung sein, aber gerade in diesem Falle sei die Phallometrie akzeptabel und effektiv:„Diese Methode ist geeignet, mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit die sexuelle Orientierung festzustellen. Gerade bei dieser Frage ist diese Methode sehr zuverlässig.“
Wer sich dem nicht unterziehen wolle, könne die Untersuchung ablehnen, so Weiss. Genau dieses Argument lässt die Organisation für Flüchtlingshilfe, die sich mit diesen Praktiken der Asylbehörden befasst hat, nicht gelten. Direktor Martin Rozumek:
„Wir haben uns als Anwälte mit drei der Fälle befasst. Wir hatten von den Klienten aber keine Zustimmung für eine Beschwerde bekommen. Sie wissen, dass sie der Abteilung für Asyl ausgeliefert sind und dass man dort über ihr Schicksal entscheidet. Aus diesem Grunde wollten sie nicht, dass wir Beschwerde einreichen.“Rozumek beurteilt die Sachlage genauso wie die EU-Agentur und die Europäische Kommission:
„Denn die Wahrung der Würde und der Privatsphäre, der Schutz vor erniedrigender Behandlung ist in einer ganzen Reihe von internationalen Dokumenten verankert. Und für mich ist diese Praktik ein inakzeptables Verfahren. Deshalb meine ich, dass die EU-Agentur mit ihrer Kritik recht hat.“Erniedrigend und ein Verstoß gegen die Menschenrechte, heißt es aus Brüssel. Eine Verweigerung dieser Tests – warnte nun die Europäische Kommission - dürfe nicht zur Ablehnung eines Asylantrags führen.