„Der Verschollene“ oder „Amerika“ ist neben „Der Process“ und „Das Schloss“ einer der drei unvollendeten Romane von Franz Kafka. Mit einer szenischen Bearbeitung von Kafkas Romanfragment gastierte das Hamburger Thalia-Theater in der vergangenen Woche beim Festival des deutschsprachigen Theaters in Prag.
Amerika
Die 1927 von Max Brod postum unter dem Titel „Amerika“ veröffentlichte Geschichte handelt von Karl Rossmann, der als 16-Jähriger zu seinem Onkel nach Amerika verschickt wird. Vom Onkel verstoßen, droht Karl unter dem Einfluss zweifelhafter Bekannter auf die schiefe Bahn zu geraten. Schließlich nimmt er eine Stelle in einem Theater in Oklahoma an, das allen Leuten eine Anstellung verspricht. Doch wie lässt sich dieser Inhalt szenisch umsetzen? Der 37-jährige Brandauer-Schüler Philipp Hochmair bestreitet das Stück im Alleingang. Er sei einer der begabtesten Schauspieler seiner Generation, sagt Petr Štědroň, der Chefdramaturg des deutschsprachigen Theaterfestivals im Radio-Prag-Gespräch. Doch nicht nur die schauspielerische Leistung sei beachtenswert:
Amerika
„Die Regie ist die Arbeit von Bastian Kraft, eines sehr interessanten jungen Regisseurs, der vor allem in Hamburg und Berlin tätig ist. Die Dramatisierung von Kafkas Text ist sehr überraschend und meiner Meinung nach sehr interessant. Sehr spannend ist auch das Bühnenbild, das aus einem Glaskasten besteht und sozusagen mitspielt.“
Beinahe die ganze Zeit spielt Philipp Hochmair in dem von innen verspiegelten Glaskasten, der in etwa die Abmessungen einer Telefonzelle hat. Einzige Hilfsmittel dabei: ein hinters Ohr geklemmtes Mikrofon und eine Videokamera. Diese Kamera überträgt ihr Bild auf einen Monitor oberhalb des Glaskäfigs. Mal sind nur die Schuhe des Schauspielers zu sehen, dann wieder – in einem fiktiven Dialog - dessen Gesicht. Erst ganz am Schluss des Stücks verlässt Philipp Hochmair alias Karl Rossmann sein gläsernes Gefängnis und wendet sich ans Publikum. Fotos: www.thalia-theater.de