Gefühl von Wählermacht – Kommentare zu den jüngsten Wahlen

Kommunal- und Senatswahlen (Foto: ČTK)

Womit sich tschechische Kommentatoren in den Montagsausgaben befassen, ist klar: Die Kommunal- und Senatswahlen, in denen die Sozialdemokraten als Sieger gelten, die bürgerdemokratische ODS als Verlierer. Schmerzhaft verloren hat die ODS vor allem in der Hauptstadt Prag. Die konservative Alternative Top 09 hat 20 Jahre ODS-Herrschaft über den Prager Magistrat beendet.

Sozialdemokraten warten auf die Wahlergebnisse  (Foto: ČTK)
Petr Honzejk von der Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny meint zum Ausgang der Wahl für die Linke:

„Die Sozialdemokraten sind wieder im Spiel. Zu den orange gefärbten Kreisen haben sie auch die Rathäuser der großen Städte orange gefärbt, und es ist gut möglich, dass die Wähler in einer Woche auch den Senat orange überstreichen. Dazu genügte unglaublich wenig: Jiří Paroubek (als Parteichef, Anm. d. Red.) zu beseitigen und abzuwarten, bis sich eine Welle des Widerstands gegen die Einsparungen der Regierung erhebt.“

Radek John  (Foto: ČTK)
Der Chefredakteur der Mladá fronta Dnes, Robert Čásenský, macht für das gute Ergebnis der Sozialdemokraten und auch von der Prager Top 09 die Sehnsucht der Wähler verantwortlich nach Politikern mit reiner Weste und gutem Ruf:

„Es scheint nämlich, dass der gesteigerte Widerstand der tschechischen Wählerschaft gegen Betrüger aller Art nicht nur eine saisonale Angelegenheit ist. Die Menschen haben im Frühjahr gesehen, dass sie das, was sie ärgert, zumindest teilweise ändern können. In den jetzigen Wahlen haben sie gemerkt, dass es wirklich funktioniert. Und das neu aufgeladene Gefühl von Wählermacht werden sie sicher nicht so schnell wieder aufgeben wollen.“

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Daniel Kaiser von der liberal-konservativen Lidové noviny sieht als Hauptverlierer die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV), die mal als Lokalpartei für Prag angetreten war und nun keinen einzigen Sitz bekommen hat. Die Partei sei zum Teil selbst Schuld wegen der Unfähigkeit ihres Chefs, des Innenministers Radek John, und der Bespitzelungsaffäre in Prag 11. Kaiser meint:



„Aber ebenso das Prager Wahlsystem, das sich die bürgerdemokratische ODS direkt auf den Leib geschneidert hat, hat der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten ein Bein gestellt. Die ODS hat die Hauptstadt in sieben Wahlbezirke parzelliert und die Wahlen so in Richtung Mehrheitsprinzip gedrängt. Von einem hinterlistigen Clou spricht auch Grünen-Chef Liška. Er hat Recht, denn das angebliche Verhältniswahlsystem, das so vielen Wählern nicht mal einen einzigen Stadtrat gibt, kann man nicht anders bezeichnen. Das erkennt offenbar auch Premier Nečas an. Solange man die sieben Wahlbezirke nicht abschafft, verliert die Prager ODS das Anrecht auf den mittleren Buchstaben ihrer Abkürzung – ´D´ für demokratisch.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Jiří Hanák von der linksliberal ausgerichteten Právo leugnet zwar nicht die Wichtigkeit der Kommunalwahlen. Wichtiger seien aber in dieser Situation die Senatswahlen, bei denen es noch in dieser Woche zur Stichwahlen kommt:

„Der Chef der Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka hat Recht: Wenn die Sozialdemokraten die Mehrheit im Senat bekommen, dann wird diese Institution eine echte Sicherung gegen die willkürliche Politik der Rechtsregierung.“