Wahlbilanz: Zufriedene Sozialdemokraten, verschnupftes Regierungslager

Vít Bárta (Foto: ČTK)

Große Verluste für die Parteien der Regierungskoalition und Gewinne für die Sozialdemokraten: Dies ist in Kurzform das Ergebnis der Kommunalwahlen und der Drittelwahlen zum Senat. Der Urnengang am Freitag und Samstag hat also nicht die Parlamentswahlen vom Mai kopiert.

Petr Nečas  (ODS),  Karel Schwarzenberg  (TOP 09),  Radek John  (VV),  Vojtěch Filip  (KSČM) und Bohuslav Sobotka  (ČSSD). Foto: ČTK
Eine Rekordwahlbeteiligung bei den Senatswahlen von fast 45 Prozent und die höchste Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen seit 16 Jahren zeugen davon, dass es diesmal um einiges ging. Viel war vor den Wahlen über Korruption in den Rathäusern und über den harten Sparkurs der Regierung gestritten worden. In dieser Atmosphäre haben sich die Farben in den Stadt- und Gemeindevertretungen zum Teil geändert. Vor allem in den großen Städten des Landes sind die Sozialdemokraten rechnerisch die Sieger. Für deren provisorischen Vorsitzenden, Bohuslav Sobotka, hatte dies eine klare Ursache:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Meiner Meinung nach hat zu einem bedeutenden Teil die Regierungspolitik verloren“, so Sobotka bei der Elefantenrunde der wichtigsten Parteivorsitzenden am Sonntag im Tschechischen Fernsehen. Für die Sozialdemokraten zudem ein historischer Sieg:

„Im Grund sind wir 20 Jahre lang der Demokratischen Bürgerpartei hinterhergelaufen. In diesen Wahlen stehen wir zum ersten Mal in der Kommunalpolitik unserem politischen Hauptrivalen ODS auf Augenhöhe gegenüber.“

Gerade in den so genannten statutarischen Städten, also den 24 größten Städten des Landes mit einem Oberbürgermeister an der Spitze wurde der Unterschied deutlich: Die Sozialdemokraten siegten in 13 Städten, so zum Beispiel in Brno / Brünn, Ostrava / Ostrau, Olomouc / Olmütz, in Ústí nad Labem / Aussig oder in Hradec Králové / Königgrätz, wo sie der ODS die Führung abnahmen. Die Bürgerdemokraten (ODS) von Premier Petr Nečas gewannen nur in vier Städten; 2006 hatten sie noch in 21 Metropolen den Sieg davongetragen. Doch wer in den Städten letztlich das Sagen hat, das ist in den meisten Fällen eine Sache der Koalitionsgespräche.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Allerdings: Auch Nečas´ Regierungspartner hatten keinen Grund zum Jubeln. Die TOP 09 von Außenminister Karel Schwarzenberg konnte sich zwar über die Spitzenposition ihres Kandidaten in Prag freuen. Insgesamt aber errang die liberal-konservative Partei in den Rathäusern der statutarischen Städte nur knapp zehn Prozent der Stadtvertreter-Sitze. Die Partei der öffentlichen Angelegenheiten fiel sogar gänzlich durch: Sie stellt nur rund 300 von insgesamt 22.000 Sitzen in den Städte- und Gemeindevertretungen. Während Parteichef Radek John dies als gewaltige Zuwächse gegenüber dem Stand vor den Wahlen deutete, kündigte sein Vize und Wahlmanager Vít Bárta Diskussionsbedarf und mögliche Konsequenzen an:

„Das Ergebnis kann man selbstverständlich nicht als Erfolg für uns sehen. Wir müssen darüber nachdenken. Und auf der Ideenkonferenz, die uns in den folgenden Wochen erwartet, muss auch ich als Wahlmanager meinen Parteifreunden über meine Tätigkeit Rechenschaft ablegen.“

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Weiterhin eine nicht unbedeutende Kraft auf kommunaler Ebene sind die Kommunisten. Sie liegen in den statutarischen Städten immerhin an dritter Stelle mit 12,5 Prozent der Gesamtsitze.

Eine tschechische Besonderheit ist die starke Stellung der Zusammenschlüsse freier Kandidaten und Bürgervereinigungen in den Kommunalwahlen: In den restlichen kleineren Gemeinden des Landes neben den 24 statutarischen Städten erlangten sie die Hälfte der Sitze.

Vojtěch Filip  (Foto: ČTK)
Ganz anders wiederum die Situation in der ersten Runde der Senatswahlen, die zeitgleich mit den Kommunalwahlen abgehalten wurde. Ein Drittel der Sitze des Oberhauses des tschechischen Parlaments war neu zu besetzen. In keinem der 27 Wahlkreise errang ein Kandidat die absolute Mehrheit. Deswegen kommen jeweils die beiden stärksten Kandidaten in eine Stichwahl. Und hier liegen die Sozialdemokraten mit 22 Kandidaten knapp vor den Bürgerdemokraten, die 19 Leute in die zweite Runde schicken. Um die Mehrheit der Regierungskoalition im Senat zu brechen, müssten die Sozialdemokraten insgesamt zwölf Senatoren durchbringen. Die Stichwahlen finden am kommenden Freitag und Samstag statt.