Held oder Verbrecher: Tod des Widerstandskämpfers Paumer belebt alte Diskussion
Das Kabinett hat sein Regierungsprogramm abgesegnet. Eingang darin gefunden hat im letzten Moment auch die Anerkennung des so genannten dritten Widerstandes, also des zum Teil bewaffneten Kampfes gegen das kommunistische Regime nach 1948. Diejenigen, die sich an diesem Kampf beteiligt haben, sollen künftig gleichgestellt werden mit denen, die sich gegen die Nazis aufgelehnt hatten. Aktueller Anlass für die Aufnahme ins Regierungsprogramm war das Begräbnis des umstrittenen Widerstandskämpfers Milan Paumer.
„Die Entscheidung Milan Paumers sich der Unfreiheit zu widersetzen und das Leben im Totalitarismus zu verlassen hatte einen heldenhaften Charakter - im positiven Sinne.“
Dies sehen nicht alle Tschechen so. Milan Paumer, der am 22. Juli im Alter von 79 Jahren gestorben war, gehörte der Widerstandsgruppe um die Mašín-Brüder an. Gemeinsam mit Josef und Ctirad Mašín hatte sich Paumer im Jahre 1953 den Weg in den Westen regelrecht freigeschossen. Bei der spektakulären Flucht über das Gebiet der damaligen DDR erschoss die Mašín-Gruppe sechs Menschen, die meisten von ihnen Polizisten. Für die einen eine Heldentat, für andere ein Verbrechen. Wenig überraschend ist die Position der Kommunistischen Partei, die Paumer und seine Mitstreiter als Mörder bezeichnet. Die Sozialdemokraten sehen die Verdienste der Gruppe zumindest skeptisch. Ihr Interims-Chef Bohuslav Sobotka nahm nicht an der Trauerfeier für Paumer teil:„Die Mašín-Gruppe verdient Anerkennung für den Mut, mit dem sie sich gegen das kommunistische Regime gestellt hat. Aber wir Sozialdemokraten sind nicht einverstanden mit den Methoden, die sie anwandte. Ich bin überzeugt, dass die Todesopfer, die die Gruppe zu verantworten hat, die Ära des Totalitarismus nicht um einen einzigen Tag verkürzt haben.“Der bürgerdemokratische Senatsvorsitzende Přemysl Sobotka teilt mit dem Sozialdemokraten-Chef zwar den Nachnamen. Aber wie so oft hat er auch in diesem Fall eine andere Meinung:
„Viele Tschechen ehren immer noch lieber die passiven Märtyrer als die Kämpfer. Das ist bequemer“, so Přemysl Sobotka.
Ctirad Mašín sagte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk, er sei genau deshalb nicht zum Begräbnis seines ehemaligen Kampfgefährten gekommen:
„Nicht einen Moment habe ich darüber nachgedacht. In Tschechien sind nicht viele Leute auf unserer Seite. Und es gibt immer noch Kommunisten in allen möglichen hohen Positionen“, behauptet der fast 80-jährige Ctirad Mašín. Die tschechische Rechtsordnung stehe noch immer in der Kontinuität des Kommunismus, ließ er in einer Erklärung gemeinsam mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Josef ausrichten. Sollte sich dies nicht ändern, würden die beiden keinen Fuß mehr auf tschechischen Boden setzen. Die Mašín-Brüder waren nach ihrer Flucht in die USA ausgewandert und leben dort noch heute.