Prager Flughafen vor großer Perspektive oder zu vielen Hürden?
Der Flughafen Prag-Ruzyně ist für die Tschechische Republik von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Der Betreiber des Flughafens, das Unternehmen Letiště Praha, konnte im vergangenen Jahr einen Gewinn von etwas über einer Milliarde Kronen (ca. 40 Millionen Euro) verbuchen. Das sind zwar fast 16 Millionen Euro weniger als im Rekordjahr 2008, doch für ein Rezessionsjahr wie das vorige sei das aller Ehren wert, meinte der Generaldirektor von Letiště Praha, Miroslav Dvořák.
Nichtsdestotrotz steht der Prager Flughafen nicht nur wegen seiner zentraleuropäischen Lage vor einer großen Perspektive, so Dvořák:
„Es ist bekannt, dass der Prager Flughafen auch die Start- und Landebasis der nationalen Fluggesellschaft ČSA ist. Die Czech Airlines wiederum gehören dem Skyteam an, also der weltweit zweitgrößten Allianz, die internationale Fluggesellschaften untereinander gebildet haben. Im Konkurrenzkampf der großen Flugallianzen nimmt Prag daher eine besondere Stellung ein. In Mitteleuropa ist unser Flughafen nämlich eine Art Insel im Meer der Allianz Starlines, der unter anderem die nationalen Fluggesellschaften aus Deutschland, Österreich und Polen angehören. Skyteam nutzt daher sowohl den Prager Flughafen als auch ČSA wie eine Brücke für viele Flugverbindungen in Richtung Osten, aber auch als Drehscheibe von Flügen zwischen Nord und Süd.“ Angesichts dieser Perspektive haben die Verantwortlichen des Unternehmens Letiště Praha bereits den Ausbau des Prager Flughafens fest ins Auge gefasst. Sie haben dabei zwei Schwerpunkte ausgemacht, an denen man etwas ändern muss:„Das System unserer jetzigen Start- und Landebahn hat eine jährliche Kapazität für maximal 15 bis 16 Millionen Reisende, die Kapazität unserer Terminals liegt bei 20 Millionen Reisenden im Jahr. Das heißt, in beiden Fällen sind die vorhandenen Kapazitäten unzureichend für die Entwicklung der nächsten zehn bis 15 Jahre“, sagt Dvořák.
Deshalb plant die Flughafenverwaltung bereits schon seit längerem den Bau einer zweiten Start- und Landebahn und die Errichtung eines vierten Terminals. Eine Erhöhung des Flugverkehrs über der Hauptstadt würde jedoch auch mehrere negative Faktoren, wie zum Beispiel eine höhere Lärmbelästigung, nach sich ziehen. Deshalb muss das Unternehmen Letiště Praha auch darauf eine Antwort parat haben, weiß Generaldirektor Dvořák:„Die Situation ist die: Letiště Praha hat eine Umweltverträglichkeitsstudie ausgearbeitet, in der auch sämtliche Einwände von Bürgerorganisationen und Einwohnern von Prag gegen den Ausbau des Flughafens berücksichtigt wurden. Diese Studie liegt nun auf dem Tisch des Umweltministeriums, das dazu ein eigenes Gutachten erstellen wird. Wenn dieses Gegengutachten fertig ist, wird es eine öffentliche Diskussion dazu geben, bevor entschieden wird, ob man uns den Ausbau des Flughafens genehmigt oder nicht.“
Die Widerstände, die die Flughafenplaner und -ingenieure dabei zu überwinden haben, sind nicht zu überhören. Bei der öffentlichen Präsentation der Ausbaupläne sagte zum Beispiel der Bürgermeister des dem Flughafen nahe gelegenen Prager Stadtteils Suchdol, Petr Hejl:„Es gibt zurzeit noch keine Studie, die alle Flughäfen in Tschechien miteinander vergleichen würde, und zwar unter einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten. Dazu gehören das Verkehrsaufkommen, die technischen Möglichkeiten ebenso wie Umwelteinflüsse oder die Schaffung von Arbeitsplätzen.“
Mit anderen Worten: Hejl riet dazu, bei der Erweiterung der Flugkapazitäten in Tschechien auch an andere Flugplätze wie zum Beispiel die in Brno / Brünn, Ostrava / Ostrau oder Karlovy Vary / Karlsbad zu denken. Diese Gedanken wurden indes schon längst angestellt, das Ergebnis aber war immer wieder das Gleiche: Nur Prag kann der enorme Entwicklungsrate gebührend Rechnung tragen, meint der Analyst der Aktiengesellschaft Cyrrus, Jan Procházka:„Natürlich ist die Entwicklung der Flughäfen in den Regionen auch nicht stehen geblieben. Karlsbad, Ostrau und Brünn haben sowohl neue Abfertigungshallen als auch neue Fluglinien hinzu bekommen. Das alles hält sich jedoch in einem eher bescheidenen Rahmen. In einigen Kreisen reicht ein effektiver Autobahnverkehr oder ein kleinerer Flugplatz schon aus, um den Transportanforderungen der umliegenden Region gerecht zu werden. Als gebürtiger Ostrauer ärgert mich das natürlich, aber man muss ganz klar sagen: erst kommt Prag, und dann eine ganze Weile nichts.“
Als Bestätigung dessen, dass es in erster Linie der Flughafen in Prag ist, dem eine rosige Zukunft bevorsteht, führt Procházka auch seine eigene Analyse an:
„Ich selbst habe ausgerechnet, dass der Zuwachs an Flugreisenden, die in Prag abgefertigt werden, bis zum Jahr 2030 außergewöhnlich ist. In 20 Jahren könnten rund 29 Millionen Passagiere jährlich von Prag bzw. nach Prag fliegen.“
Gibt es zum Ausbau des Prager Flughafens folglich keine Alternative? Auf diese Frage antwortete Procházka schließlich diplomatisch:
„Wenn wir den Prager Flughafen nicht erweitern, dann wird sich für einige Branchen auch nicht viel ändern. Zum Beispiel die Verkehrsbauarbeiter, die die zweite Start- und Landebahn errichten sollten, würden dann halt anderen Aufträgen nachgehen. Prag und damit auch Tschechien würden andererseits aber weit weniger attraktiv für ausländische Investoren sein. Das ist wirklich ein zweischneidiges Schwert.“Die Frage also, wohin die Reise geht, ob über Prag oder anderswo, gilt es in den nächsten Monaten zu beantworten.