Parteiporträt Nr. 1: Die Sozialdemokraten (ČSSD)

Lubomír Zaorálek

Die Tschechische Sozialdemokratische Partei, kurz: ČSSD, ist die älteste Partei in Tschechien. Sie gilt bis heute als eine große Volkspartei, der es jedoch nicht immer leicht fällt, sich zeitgemäß zu präsentieren. Der politische Stil der Partei wird vor allem von vielen jungen Leuten als altmodisch wahrgenommen.

Die Anfänge der tschechischen Sozialdemokratie gehen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Als Tschechoslowakische Sozialdemokratische Partei in Österreich beziehungsweise Tschechoslowakische Sozialdemokratische Partei der Arbeiter war sie von 1878 bis 1918 fester Bestandteil der politischen Szene in der Österreich-Ungarischen Monarchie. Mit veränderten Namen überstand sie auch die schwierige NS-Zeit im Protektorat Böhmen und Mähren. In der 40 Jahre währenden kommunistischen Ära aber hatte sie nichts zu sagen: Sie wurde mit der kommunistischen KSČ vereinigt, im Exil existierte sie aber weiter.

Nach der Samtenen Revolution im Jahr 1989 startete die Partei einen erfolgreichen Neubeginn. 1990 reichten 4,1 Prozent der Stimmen zwar noch nicht zum Einzug in das Abgeordnetenhaus, seit 1992 aber ist die ČSSD aber eine feste Größe in der parlamentarischen Parteienlandschaft.

Einer der wichtigsten Politiker der Partei war Miloš Zeman. Er wurde im Jahr 1993 Parteivorsitzender. Unter seiner Führung etablierte sich die Partei als führende Kraft im linken Parteispektrum Tschechiens. Und die Nummer eins ist sie bis heute geblieben, nun aber fast mutterseelenallein auf der linken Seite. Politologe Robert Schuster:

„Das Problem liegt vor allem bei den Kommunisten. Denn wären die Kommunisten eine reformierte linke Partei wie Die Linke in Deutschland, dann hätte es schon bei den letzten Wahlen kein Patt gegeben zwischen dem bürgerlichen und dem linken Lager. Stattdessen hätte Tschechien eine Mitte-Links-Regierung aus Sozialdemokraten, einer reformierten kommunistischen Partei und den Grünen gehabt.“

Bohuslav Sobotka
Bei den jüngsten Wahlen haben die Sozialdemokraten mit 22 Prozent zwar die meisten Stimmen erhalten, standen danach aber ohne Koalitionspartner da. Ein besseres Ergebnis für die Partei selbst haben vor allem zwei Faktoren verhindert: das auf offensichtlich unglaubwürdige Versprechungen aufgebaute Parteiprogramm und der rüde Führungsstil von Parteichef Paroubek. Die einfach gestickten Versprechungen wie zusätzliche Renten oder die Regulierung der Strom- und Gaspreise würden als zeitfremd und nicht finanzierbar wahrgenommen, behauptet Journalist Petr Holub. Und der Konfrontationskurs von Paroubek stellte die Partei schon vor den Verhandlungen zur Regierungsbildung ins Abseits. Vor allem junge Wähler kehrten der ČSSD deshalb den Rücken. Um wieder regierungsfähig zu werden, müssen die Sozialdemokraten nun gerade dort den Hebel ansetzen, meint Robert Schuster:

„Die Sozialdemokraten müssen die Jugendlichen nicht nur erreichen, sondern sie müssen sie auch halten. Das ist das Wichtigste, denn die Jugendlichen sind sehr mobil. Sie können sich blitzschnell organisieren und im nächsten Moment wieder von der Partei abwenden. Das heißt letzten Endes, es müssen junge Politiker bei den Sozialdemokraten ran. Es gibt in der ČSSD durchaus ausreichend jüngere Politiker, aber die müssen auch nach vorne geholt werden.“