Raumlabor Berlin: Deutsche Architekten lehren in Prag
Vor zwei Wochen endete das Semester an der Prager Kunstgewerbeakademie VŠUP und für die Architekturstudenten war es ein besonderes Semester. Denn ein halbes Jahr lang haben zwei Mitglieder der Architekturgemeinschaft Raumlabor Berlin die tschechischen Studenten unter ihre Fittiche genommen.
Den Architekten Matthias Rick und Markus Bader geht es in ihrer Arbeit nicht nur um klassische Stadtplanung - die Mitglieder des Raumlabors setzen sich für neue Strategien und Lösungsansätze ein. Vor allem wollen sie aber Ideen vermitteln. Matthias Rick erklärt, wie es zu dem Engagement in der tschechischen Hauptstadt kam:
"Vor ungefähr einem Jahr wurde im Architekturbereich der Akademie eine Stelle frei. Auf die haben wir uns dann beworben. Wir haben uns für Prag entschieden, weil Prag eine sehr spannende Stadt ist und schon seit Jahrhunderten so etwas wie ein Generator von Architekturideen ist."
Sein Kollege Markus Bader ergänzt:"Außerdem mögen wir Situationen, mit denen wir uns noch nicht so gut auskennen. Wir setzen uns auch in unserer eigenen Arbeit gerne mit Orten auseinander, die uns nicht vertraut sind und wo die ganzen Rahmenbedingungen erst mal entdeckt werden müssen. So eine Chance haben wir hier in Prag gesehen."
Es ist besonders der öffentliche Raum und seine kreative Nutzung und Gestaltung, der die beiden Architekten interessiert. Markus Bader beschreibt die Zusammenarbeit mit den tschechischen Studenten so:
"Wir sind mit dem Anspruch angetreten, nicht nur im Atelier zu sitzen und drinnen zu arbeiten, sondern möglichst viele Verknüpfungen zwischen der Lehrtätigkeit an der Akademie und der Stadt draußen herzustellen. Wir haben uns mit den Studenten auf verschiedene Entdeckungsreisen durch die Stadt begeben, haben Fahrradtouren unternommen und uns von ihnen Orte zeigen lassen, die besonders sind. Wir sind sogar durch das Fundament des ehemaligen Stalinmonuments gekrabbelt und haben alles versucht, um unseren Blick auf Stadt im Allgemeinen auf die Studenten zu übertragen um dann langsam draußen tätig zu werden."Das Ergebnis dieser Expeditionen im Freien ist die Semesterarbeit "The Cut", die vom 3. bis zum 10. Juni in den Räumen der Akademie ausgestellt wird. Tadeáš studiert im zweiten Semester Architektur. Rückblickend fällt seine Bewertung des Semesters positiv aus:
"Es ist eine ungewöhnliche Art, verglichen mit dem normalen Zugang zur Architektur. Am Anfang war ich davon etwas überrascht, aber ich gewöhne mich langsam daran. Das gefällt mir ziemlich gut."Seine Kommilitonin Jana zieht ein eher neutrales Fazit:
"Das ist ein völlig anderer Zugang als der, an den wir hier gewöhnt sind und den eigentlich die meisten von uns studieren wollten. Der Unterschied besteht darin, dass es nicht nur um das Entwerfen von Gebäuden als solches geht, sondern dass versucht wird, viel darüber zu sprechen – von verschiedenen Standpunkten aus und nicht nur vom architektonischen."
Die Studenten, denen die Seminare mit den Berliner Architekten gefallen haben, dürfen sich freuen: Das Raumlabor hat seinen Lehrauftrag um ein Jahr verlängert.