Rentenreform: Neue Regierung wird sie anpacken müssen

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Gesundheitsreform, Schulreform, Steuerreform, Rentenreform – das sind Evergreens der tschechischen Politik. Über letztere, nämlich die Rentenreform, wird mindestens seit zehn Jahren ergebnislos diskutiert. Auch in der jüngsten Wahlkampagne war sie ein Hauptthema geworden.

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Außer den Kommunisten sind sich alle Parteien, die ins neue Abgeordnetenhaus einziehen werden, also Sozialdemokraten, Bürgerdemokraten, die rechtsliberale Partei TOP 09 und die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, einig: In der neuen Legislaturperiode muss eine Rentenreform beschlossen werden. Ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit haben sogar die größten politischen Rivalen zwei Tage vor den Wahlen in einem Rundfunkduell signalisiert. Petr Nečas, Spitzenkandidat der Bürgerdemokraten:

„In den Schlüsselfragen bieten wir auch der künftig stärksten Oppositionspartei eine Zusammenarbeit an – den Sozialdemokraten. Wir wollen gemeinsam mit ihnen eine Übereinkunft über die Rentenreform, die Sicherheitspolitik sowie über den Kampf gegen die Korruption anstreben.“

Ähnlich der sozialdemokratische Parteichef Jiří Paroubek:

Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
„Das sind schöne Worte, Herr Nečas. Ich habe vor einer Woche angekündigt: Falls die Sozialdemokraten die führende Regierungspartei werden, werden wir ein Instrument einführen, das in Dänemark bereits gut funktioniert. Hierzulande könnte man es etwa als ‚Konsensrat’ bezeichnen. In seinem Rahmen würden wir über die Fragen, die für unser Land wirklich wichtig sind, auch mit Ihnen sprechen.“

Auf die neue Regierung wartet ein druckfrisches Dokument zur künftigen Rentenreform, das eine Expertenkommission im Auftrag von Premier Jan Fischer und Finanzminister Eduard Janota erarbeitet hat. Der Inhalt wird vorläufig unter Verschluss gehalten. Was aber würde passieren, wenn es auch in den kommenden Jahren zu keiner Rentenreform kommen würde? Darauf antwortete im Tschechischen Rundfunk Vratislav Izák vom Institut für öffentliche Finanzen an der Wirtschaftshochschule in Prag:

Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
„In den nächsten Jahren wird es weder zu einem Staatsbankrott, noch zu einem Kollaps des Rentensystems kommen. Es handelt sich vielmehr um ein langfristiges Problem. Laut verschiedener Simulationsmodelle könnte es aber in Tschechien nach dem Jahr 2030 zu einer bedeutenden Verschlechterung der Situation kommen.“

Als relevant für die Rentenfinanzierung gilt nach Izáks Meinung der Anteil der Rentner an der Gesamtbevölkerung.

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„Laut einer Eurostat-Studie weist Tschechien momentan bessere Kennziffern aus als der EU-Schnitt. Dabei bleibt es aber nicht. Derzeit beläuft sich der Anteil der Rentner in Tschechien im Vergleich zur berufstätigen Bevölkerung auf 21,8 Prozent. Der EU-Durchschnitt beträgt 26 Prozent. Im Jahr 2050 wird die Rentnerzahl in Tschechien aber auf 55 Prozent steigen, während der EU-Durchschnitt bei 50 Prozent liegen wird. Unsere Situation wird sich daher sowohl relativ als auch absolut verschlechtern.“

Wie auch immer die nächste Regierung also aussehen wird: Die Rentenreform wird sie wohl oder übel anpacken müssen.