Tschechiens Cracks schaffen Wunder: WM-Gold auf Kölner Eis

Jaromír Jágr und Tomáš Rolinek (Foto: ČTK)

Wenn Sie einmal miterleben wollen, wie in Tschechien fast die ganze Nation wegen eines Ereignisses zusammenrückt und innig mitfiebert, dann muss ein WM-Finale im Eishockey auf dem Programm stehen. Ein Finale, in dem Tschechien spielt. So wie am Pfingstsonntag, als die Cracks um Kapitän Tomáš Rolinek den haushohen Favoriten Russland in Köln zum Titelduell forderten. Mit Erfolg.

Tomáš Rolinek  (Foto: ČTK)
„Die tschechische Mannschaft hat gewonnen, sie ist Weltmeister! Der Held des Spieles ist Tomáš Vokoun, es ist unglaublich, was diese Mannschaft hier vollbracht hat!“

So und ähnlich kommentierten die TV- und Radioreporter aus halb Europa die letzten Sekunden der Finalpartie, die an Klasse, Rasse und Dramatik kaum zu überbieten war. Wohl nicht auch zuletzt deshalb, weil Tschechien mit einer Mannschaft zur WM gekommen war, auf die vor allem im eigenen Land kaum einer gewettet hätte. Zehn WM-Neulinge standen im Kader, Spieler wie Marek oder Gřegořek hatten keine gute Saison.

Tomáš Vokoun  (Foto: ČTK)
Als Team aber waren sie ein verschworener Haufen, der alle Hürden übersprang und so auch Russland mit 2:1 besiegte. Und in Torwart Tomáš Vokoun hatte die Truppe einen Fels in der Brandung, der die Russen im Finale am Sonntag schier zur Verzweiflung brachte. Für Vokoun selbst aber war das Teamwork der Schüssel zum Erfolg:

„Ich finde keinen Spieler in der Mannschaft, der nicht in jeder Begegnung alles für das Team gegeben hat. Wir haben sehr schnell begriffen, dass das unsere einzige Erfolgschance ist. Nach und nach hat sich das bestätigt und wir spürten: Mit unbändigem Kampfgeist kann man was erreichen. Einsatz und Wille haben uns immer im Spiel gehalten, das hat den Erfolg erst möglich gemacht. Mit etwas Glück haben wir ihn dann auch erreicht.“

Foto: ČTK
Das Glück war den Tschechen auch am Ende des zweiten Drittels hold, als die Reporter diese Spielszene schilderten:

„Das 2:0 für Tschechien ist gefallen. Doch Achtung: Der Referee wird per Videobeweis noch kontrollieren, ob der Treffer nicht gewollt mit dem Schlittschuh erzielt worden ist. Kapitän Tomáš Rolinek stand goldrichtig und hat die Eingabe von Karel Rachůnek ins russische Tor verlängert.“

Jaromír Jágr und Vladimír Růžička  (Foto: ČTK)
Zwar mit dem Schlittschuh, aber ohne absichtliche Ausholbewegung, also regulär. Aber das Glück hat schließlich immer der Tüchtige, was auch Trainer Vladimír Růžička unterstrich:

„Es war auch Glück im Spiel, doch die Mannschaft hat dieses Glück förmlich erzwungen. Die Spieler haben kämpferisch das Maximum gegeben, sind fast auf allen Vieren gekrochen, und wenn sie im Viertel- oder Halbfinale gescheitert wären, dann hätte ihnen das keiner unserer Fans angekreidet. Auf der anderen Seite haben die Fans nach fünf mageren Jahren solch einen Erfolg herbeigesehnt. Wir sind alle überglücklich, endlich wieder eine Goldmedaille mit nach Hause zu bringen. Das ist für unser Eishockey ein riesiger Erfolg.“

Foto: ČTK
Im Viertel- und Halbfinale gegen die skandinavischen Teams aus Finnland und Schweden gewannen die Tschechen jeweils nach Penaltyschießen. Auch da hielt NHL-Profi Vokoun großartig. Der zweite große Star der Mannschaft war Jaromír Jágr. Inzwischen schon 38-jährig, rackerte auch der zweifache Stanley-Cup-Sieger fast bis zum Umfallen. Jágr war ebenso schon Olympiasieger und Weltmeister, doch diesmal war seine Freude ganz speziell:

Jaromír Jágr und Tomáš Rolinek  (Foto: ČTK)
„Ich freue mich für die Jungs, die zum ersten Male bei einer Weltmeisterschaft waren und jetzt glücklich sind. Ich habe schon alles erreicht, doch es bereitet mir große Freude zu sehen, wie die Jungs kämpfen können und bei der WM Leistungen gezeigt haben, die auch ich nicht erwartet hätte. Ich will nicht sagen, dass ich nicht an sie geglaubt habe, aber ich glaubte wiederum nicht daran, dass sie so stark sind.“

Autor: Lothar Martin
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