Zu nah am Wasser gebaut? Hochwasser - Was tun!
Das verheerende Hochwasser in Mähren ist ein zentrales Thema in den Zeitungskommentaren dieser Woche. Außerdem: Reaktionen auf den deutschen Alleingang in Sachen Börsenspekulationen und die Erhöhung des Mutterschaftsgeldes in Tschechien.
Moderator: Das Hochwasser hat in Mähren deutliche Spuren hinterlassen. Eine Frau ertrank, viele Menschen mussten ihre Häuser verlassen, die Schäden sind immens. In Orten wie Troubky haben die Einwohner den Albtraum von 1997 noch mal erlebt, als ihnen das damalige Hochwasser das Dach über dem Kopf nahm. Mancheiner stellt sich da die Frage: Hätte man das nicht verhindern können?
Katrin Materna: Die Frage stellen sich auch einige Kommentatoren. Petr Žižka von der Mladá Fronta Dnes schlägt vor:
"Wie wär's, wenn die Politiker - von den Lokalpolitikern bis hin zu den politischen Spitzen - anfingen, sich mit Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zu beraten und sich ernsthaft mit dem Thema Hochwasser zu beschäftigen? Dieses Problem kostet das Land Milliarden von Kronen und führt immer wieder zu menschlichen Tragödien, die kein Geld der Welt wieder gutmachen kann. Dieses Problem werden wir nicht in einem und nicht in zehn Jahren endgültig in den Griff bekommen. Die Lösung bedarf grundlegender Veränderungen in vielen Bereichen: angefangen bei der Auffassung von der Funktion der Landschaft, wo es notwendig sein wird, genau zu schauen, in welchem Zustand die Wälder, Wiesen und Felder sind über die Debatte über Staudämme bis hin zu langfristigeren Wettervorhersagen."Moderator: Wobei die Wettervorhersage dieses Mal ja fast hundertprozentig zutraf. Die Leute waren also gewarnt.KM: Eine Warnung spricht auch Petr Žižka in seinem Kommentar aus: "Wenn die Rede davon ist, dass die Leute zu nah an den Flüssen bauen, ist ein Blick auf die Landkarte ratsam. Dann kommt man zu dem Schluss, dass irgendwann im Grunde fast überall Hochwasser drohen", sofern, so Žižka, die Tschechen nicht in die Zeit der Kelten zurückkehren wollen. Das gilt in seinen Augen nicht nur für die Regionen, die momentan betroffen sind.
Moderator: Dass das Hochwasser eine dauerhafte Bedrohung darstellen kann, wissen inzwischen auch die Bewohner des mährischen Ortes Troubky. Bei einem der bisher schlimmsten Hochwasser der Region starben dort im Jahre 1997 neun Menschen, gut 350 Häuser wurden zerstört. Der Ort wurde so zu einem der Symbole der damaligen Naturkatastrophe. Auch dieses Mal war Troubky besonders stark betroffen.
KM: So ist es. Zusätzlich müssen sie die Einwohner jetzt den Vorwurf gefallen lassen, dass sie aus 1997 keine Lehren gezogen und wieder zu nah am Fluss gebaut haben. Petr Honzejk von der Tageszeitung Hospodářské noviny meint dazu"Die Menschen in Troubky verdienen in erster Linie unsere Hilfe und Mitgefühl. [...] Die Zyniker sollen versuchen sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie das Haus, das sie eigenhändig gebaut haben, verlassen müssten. Experten haben außerdem 1997 behauptet, das sei ein Jahrtausend-Hochwasser gewesen."
Der Politologe Pavel Šaradín stellt in seinem Kommentar für die Mladá Fronta Dnes folgende Fragestellung in den Raum:„Wie viele Krisensituationen und Katastrophen braucht es noch, damit wir uns vergegenwärtigen, dass auch wir mitverantwortlich sind für die Verwüstung und nicht nur die Natur. Und wie viele unserer Politiker sind in der Lage, über diese Dinge nachzudenken, wie viele von ihnen sind in der Lage etwas zu unternehmen?“
Moderator: Kommen wir zu einem Thema, das Deutschland betrifft: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat Mitte der Woche auf Anweisung der Regierung sogenannte ungedeckte Leerverkäufe in Aktien von zehn deutschen Finanzkonzernen verboten. Gleiches gilt für Staatsanleihen aus Euro-Ländern und den Handel mit bestimmten Kreditausfallversicherungen auf Anleihen der Euro-Zone.
KM: Die meisten Donnerstagsausgaben der tschechischen Tageszeitungen beschäftigen sich mit dem Thema. Ungeachtet der Tatsache, dass Tschechien den Euro ja nach wie vor nicht eingeführt hat. Julie Hrstková von dem Wirtschaftsblatt Hospodářské noviny geht darauf ein, dass nach Bekanntwerden des neuen Verbots auf den Finanzmärkten ein Chaos ausgebrochen ist:„Das zeitlich begrenzte deutsche Verbot ist nichts, was einen großen Einfluss auf die Märkte haben sollte. Insbesondere, da es sich um eine Maßnahme eines einzigen Staates handelt, während Investoren die ganze Welt im Blick haben. Die Transaktionen, die Deutschland jüngst verboten hat, sind in vielen anderen Ländern der Welt ebenfalls nicht erlaubt. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass es irrational ist zu erwarten, dass sich die Märkte rational verhalten.“
Moderator: Mangelnde Rationalität im Umgang mit Staatsfinanzen, ist ein Vorwurf, der im gegenwärtigen tschechischen Wahlkampf zum Dauerbrenner geworden ist. Dessen ungeachtet ist es den Sozialdemokraten zusammen mit den Kommunisten, den Grünen und den Christdemokraten noch kurz vor den Wahlen gelungen, im Parlament eine Erhöhung des Mutterschaftsgeldes durchzusetzen. Werdende Eltern können sich also freuen.
KM: Ja, die Kommentatoren machen aber keine Freudensprünge. Pavel Páral von der Mladá Fronta Dnes schreibt:
„Die Abgeordneten der ČSSD, der Kommunisten, der Grünen und der Christdemokraten haben damit deutlich gemacht, dass sie die Verantwortung für den Haushalt nicht die Bohne interessiert. Sie müssen aber wissen, dass die Haushaltseinnahmen dieses Jahr deutlich geringer ausfallen werden als erwartet. Sie sollten deshalb nach Möglichkeiten von Einsparungen suchen, statt dem Haushalt auch noch den Rest zu geben. Mit dieser Abstimmung haben sie uns auf der bisher noch kilometerlangen Strecke Richtung Griechenland wieder mehrere Meter weitergebracht.“
Und Daniel Kaiser von der Zeitung Lidové noviny meint: „Die Engländer haben eine Regelung namens ‚Purdah‘, die bedeutet, dass das Kabinett in dem letzten Monat vor den Wahlen keine Schritte unternimmt, die im Widerspruch stehen zu den Plänen der künftigen Regierung. Diese Phase der Enthaltsamkeit hat die tschechische Politik ebenfalls dringend nötig.“Moderator: Und damit schließen wir den Medienspiegel für heute. Hören Sie wieder rein.