Kirchliches Konservatorium Opava blickt auf 10 erfolgreiche Jahre zurück
Wir begeben uns nach Opava / Troppau. Vor zehn Jahren wurde in der historischen Stadt Mährisch-Schlesiens eine hierzulande einmalige Ausbildungsstätte ins Leben gerufen – das Kirchliche Konservatorium. Wir berichten über den Werdegang der Schule und ihre erfolgreiche Etablierung.
Der Weg zur Gründung des Kirchlichen Konservatoriums in Opava war nicht leicht. Seine Mitbegründerin und Leiterin Eva Bláhová sagt: Die Beschreibung all der Schwierigkeiten, die die Entstehung dieser Schule begleitet hätten, würde ein ganzes Buch füllen. Am Anfang standen komplizierte Verhandlungen mit dem Schulministerium sowie die mühsame Suche nach einem geeigneten Schulgebäude. Grünes Licht kam nach ein paar Jahren im April 1999. In Opava konnte man eine kirchliche Orgelschule eröffnen. Noch kein Konservatorium also. Als Domizil der Orgelschule sollte das ehemalige Kloster des erwähnten Ordens dienen. Doch zu dem Zeitpunkt stand es noch nicht zur Verfügung. Eva Bláhová erläutert:
„1990 haben unsere Betreiberinnen – die Schwestern des Deutschen Ordens das historische Gebäude ihres ehemaligen Klosters im Rahmen der Restitutionen zurückerhalten. Nach 40 Jahren der kommunistischen Ära war das Haus total beschädigt. Die Ordensschwestern wurden Anfang der 1950-er Jahre von hier vertrieben und im Gebäude wurde eine Sozialpflegeanstalt für 150 geistig behinderte Männer errichtet. Das Gebäude konnten wir erst im Jahr 2000 übernehmen, als die gesetzliche Frist der so genannten Sachlast abgelaufen war“.Die ersten zwei Jahre fand daher der Unterricht an mehreren Orten der Stadt statt. Das Schuljahr 2001/2002 konnte schon im renovierten Haus eröffnet werden. Eva Bláhová wollte aber nicht auf den Gedanken verzichten, ein kirchliches Konservatorium in Opava zu haben. Und es ist auch gelungen. Zum offiziellen Betreiber der Schule wurde der Deutsche Orden, genauer gesagt die tschechische Provinz der Schwestern des Ordens vom Deutschen Haus St. Mariens von Jerusalem, die in Opava ihren Sitz hat. Am 1. September 2006 wurde sie im Beisein von Großmeister des Deutschen Ordens, Dr. Bruno Platter dem neuen Namen „Kirchliches Konservatorium Opava“ feierlich eröffnet. In Tschechien gibt es insgesamt zwölf Konservatorien. Das von Opava ist aber das einzige seiner Art. Eva Bláhová:
„Mit dem Namen unserer Schule ´Kirchliches Konservatorium´ wollten wir deutlich machen, was bei uns unterrichet wird, und auch dass unsere Betreiber Ordensschwestern sind, und nicht zuletzt auch die Orientierung der Schule im Sinne des Kirchendienstes“.
„Zum Vorbild haben wir uns Kirchenmusikschulen in Österreich und Deutschland genommen, aber auch zwei tschechische Organistenschulen aus der Vergangenheit. Die eine wurde 1881 in Brünn von Leoš Janáček gegründet, die ältere war in Prag. Beide haben sich später als Konservatorien etabliert“.Etwaige Fragen nach der Verbindung zwischen Opava und dem Deutschen Orden sind leicht zu beantworten, wenn man einen kleinen Exkurs in die Geschichte macht. Der 1190 in Palästina gegründete Deutsche Ritterorden hat seine Wurzeln schon seit dem 13. Jahrhundert auch in Böhmen und Mähren geschlagen. Im 19. Jahrhundert wurde die schlesische Stadt Opava, damals eher unter dem deutschen Namen Troppau bekannt, zum Hauptsitz der gleichnamigen Provinz des Ordens in der damaligen Habsburgermonarchie. 1939 wurde er von den Nazis aufgelöst und sein Besitz beschlagnahmt. 1946 wurden die Ordensmitglieder von den Kommunisten der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt. Nach 1948, als die KP die Macht ergriffen hatte, wurde der Orden verboten. Seit der Wende 1989 ist seine Tätigkeit hierzulande wieder legal.
Das Kirchliche Konservatorium Opava ist eine staatliche Musikfachschule mit einem 6-jährigen Ausbildungsprogramm. Nach vier Jahren wird das Abitur abgelegt und nach sechs Jahren der musikalische Fachabschluss. Im Angebot sind derzeit vier Fächer: Orgel, Klavier, Gesang und Chorleitung. Ab kommendem Schuljahr kommt noch das Fach „Streich- und Blasinstrumente“ hinzu. Als Besonderheit gilt hier, dass man im Unterschied zu einem klassischen Konservatorium nicht nur im ausgewählten Hautfach, sondern auch auf den jeweils drei übrigen Gebieten als Nebenfächer ausgebildet wird. Die Orgelabteilung leitet Mário Sedlár, der aus der Slowakei nach Opava gekommen ist:„Die Orgelabteilung entstand 1999 als erstes Fachgebiet unserer Schule mit dem Ziel, junge Organisten auszubilden und durch sie die Kirchenmusik in den tschechischen Kirchen zu einem höheren Niveau zu erheben“.
„Mittlerweile haben mehrere Organisten unsere Schule absolviert. Einige von ihnen setzten oder setzen noch ihr Studium im Orgelfach an einer Musikhochschule fort. Zum Beispiel im polnischen Krakau, in der Slowakei oder auch in Tschechien“.
Gespielt werden Psalme, Lieder, Choräle und Ähnliches, was zur katholischen Liturgie gehört. Hinzu kommen aber auch klassische Kompositionen, die dem Unterrichtsstandard an den anderen staatlichen Konservatorien entsprechen. Die Schulleiterin setzte bei der Schulgründung auf jüngere Musikpädagogen, die sich den den weiteren Jahren sehr gut entwickelt haben. Über das international besetzte Lehrerkollegium spricht sie mit Stolz. Izabela Kožaná-Manderla ist Polin:
„Ich unterrichte hier das Cembalospiel. Vorläufig nur sieben Schüler, weil Cembalo bei uns noch nicht das Hauptfach ist. Außerdem gebe ich auch Klavierunterricht. In der Schule haben wir eine hervorragende Kopie des französischen Cembalos der Marke ´Taskena´ und auch ein wunderbares Spinett. Dieses ist auch eine Kopie eines alten französischen Originalinstruments. Drei moderne Cembalos dienen unseren Schülern zum Üben. Es gibt hier also keinen Andrang, um an die Instrumente heranzukommen“.Nach der Wende wurde Opava zum Standort der neu gegründeten Schlesischen Universität, die die Atmosphäre in der historischen Stadt maßgeblich prägt. Eine bedeutende Position als Kulturinstitution hat inzwischen auch das Kirchliche Konservatorium errungen. Dabei musste man oft von Null anfangen. Zum Beispiel auf dem Gebiet des gregorianischen Chorals. Das weiß Lukáš Kubenka, Leiter des Schulchors „Bonifantes Opavienses“ auch zu gut.
„Für uns ist es nicht leicht. Der gregorianische Choral durfte im Unterschied zu Deutschland fast 50 Jahre nicht gepflegt werden. Ich musste hier von Null anfangen. Nirgendwo in Tschechien wird der gregorianische Choral in diesem Umfang wie bei uns unterrichtet. ´Schola gregoriana´ ist bei uns aber kein Pflichtfach. Das Mitmachen ist freiwillig und natürlich nur für diejenigen, denen es Freude macht, den Choral zu singen“.
Als Gastpädagoge und Kenner des gregorianischen Chorals kommt seit mehreren Jahren Gregor Baumhof nach Opava, der an der Musikhochschule in München lehrt. In die mährisch-schlesische Stadt kommt er offesichtlich gern:
„Der Kontakt zum Konservatorium Opava ist entstanden über eine Begegnung mit dem Konservatorium in Kroměříž. Das war im Jahr 1999. Über verschiedene Verbindungen und vor allem über die Einladung bin ich 2002 zum ersten Mal in Opava gewesen. Ich habe dort versucht, den Gegenstand des gregorianischen Chorals etwas heimisch zu machen, und habe mich dabei einer ganz besonders guten Unterstützung von Frau Direktorin erfreuen dürfen. Nach meiner Kenntnis ist es ihr ein Anliegen, den gregorianischen Choral genauso intensiv zu unterrichten und anzubieten wie alle anderen Instrumente und Fächer. Das zeigt das Niveau, dass es um eine umfassende Ausbildung in dieser Schule geht und nicht nur um eine spezialisierte Ausbildung. Dafür bin ich sehr dankbar und auch erfreut, dass es hier in Tschechien eine Ausbildungsstätte gibt, die auch diesen Bereich qualifiziert bedient“.Gibt es einen Unterschied darin, wie der gregorianische Choral in Deutschland beziehungsweise in München und in Opava unterrichtet wird?
„Der Unterscheid liegt eigentlich eher im Positiven für Opava. In München habe ich nicht so viele Zuhörer. Dort ist das Interesse am gregorianischen Choral nicht ganz so wach, wie ich das hier in Opava erlebe. Ich möchte hinzufügen, dass sich dieses Interesse eben auf beide Seiten erstreckt - auf ein Interesse an der Kenntnis der Theorie und Geschichte dieses altehrwürdigen Gesanges und vor allen Dingen eben auch an einem Erlernen der praktischen Umsetzung im Schola-Singen und im Singen von Gottesdiensten, die ja auch immer zum Programm des Blockseminars gehören“.
Das größte Interesse der Schüler am Kirchlichen Konservatorium Opava gilt allerdings dem Gesang. Der erklingt auch am häufigsten bei regelmäßigen Konzerten für die Öffentlichkeit. Das sagt Věra Smolková, Leiterin der Gesang-Abteilung:
„Unsere Schüler und Schülerinnen geben das ganze Jahr hindurch viele Konzerte - als Solisten oder als Mitglieder des Schulchors. Einige singen auch im Chor des Schlesischen Theaters in Opava“.Jiří Šikula unterrichtet die Chorleitung und leitet auch den gemischten Schulchor „Laudate dominum“.
„Wir haben bei uns zwei Chöre. Der große gemischte Chor mit dem Namen ´Laudate Dominum´ ist in der Lage, sich auch mit anspruchsvollen Kompositionen auf hohem, quasi professionellem Niveau zu präsentieren. Vor zwei Jahren hatten wir zum Beispiel Mendelssohns Psalm No. 42 mit Orchester und Soli im Repertoire. Im Vorjahr haben wir Adventskonzerte mit Leoš Janáčeks Kantate ´Vater unser´ gegeben. Nach ihrem Abschluss bei uns können sie sowohl einen Kinder- und Frauenchor oder auch einen gemischten Chor auf halbprofessioneller Ebene leiten“.
Der praktische Musikunterricht auf professionellem Niveau muss natürlich auch auf guten theoretischen Fundamenten aufbauen. Auch diese wollte man in Opava von Anfang an nicht vernachlässigen. Markéta Wiesnerová, Leiterin der Abteilung für Musiktheorie wirft für uns einen Blick in die Schulbibliothek:
„In unserer Fachbibliothek sind ungefähr 1000 Bücher über Musik zu finden. Im Lauf der letzten zehn Jahre haben wir uns bemüht, Fachliteratur von möglichst hohem Niveau zu besorgen. An erster Stelle würde ich einen Titel nennen, den wir in Großbritannien bestellt haben. Es ist die renommierte britische Enzyklopädie ´The New Grove Dictionary of Music and Musicians´. Es liegt uns sehr daran, Fachbücher von wirklich guten Verlagen zu haben. Zum Beispiel aus den Bereichen Renaissance- und Barockmusik, Gregorianischer Choral oder Barockoper“.
Nicht wenige Absolventen des Troppauer Konservatoriums studieren an Musikhochschulen weiter – in Prag und Brno, oder an pädagogischen oder philosophischen Fakultäten, zum Beispiel Musikfachlehre, Musikwissenschaft und Ähnliches. Man könnte noch vieles über die einmalige Schule von Opava sagen. Etwas davon dürfen wir aber nicht unerwähnt lassen. Im Herbst des Vorjahres waren Mitglieder des Konservatoriums auch beim Tschechien-Besuch des Papstes Benedikt XV. zu hören. Ein großer Erfolg auch für den Schulbetreiber. Dr. Bruno Platter, Großmeister des Deutschen Ordens:„Wenn man auf die zehn Jahre zurückblickt, die dieses Konservatorium tätig ist, so kann man eigentlich von einem großen Erfolg sprechen. Mit Freude und auch ein bisschen Stolz können wir feststellen, dass unsere Studentinnen und Studenten auch recht große Erfolge bei verschiedenen Wettbewerben und Konzerten erzielt haben – sowohl in Tschechien als auch auf internationalem Boden. Die Krönung und der Höhepunkt dieses Erfolgs ist natürlich die Ehre, dass unser Konservatorium beim Papstbesuch im vergangenen Herbst singen und spielen durfte. Das ist eine besondere Auszeichnung von der universalen Kirche, beim Papsgottesdienst singen zu dürfen. Und so auserwählt zu werden von vielen anderen, darauf wird diese Schule immer stolz sein können“.
Stolz auf die Erfolge ihrer Schule kann bestimmt auch die Schulleitering Věra Bláhová sein:
„Es freut mich natürlich sehr, dass sich die Schule so gut entwickelt. Große Freude bereitet mir auch unser Pädagogenkollegium. Das sind junge Menschen, mit denen die Schule weiter leben wird. Sie sind die Garantie dafür, dass die Schule gut funktionieren wird“.