Prager Begegnungen: deutsche und tschechische Schriftsteller lesen gemeinsam
Mit einer Leidenschaft hat es angefangen und nun ist es eine Institution. Gestern fand zum 13. Mal der Literaturabend „Prager Begegnungen“ im Goetheinstitut in Prag statt. Dazu werden jedes Jahr ein deutscher und ein tschechischer Autor zu Lesung und Gespräch eingeladen, da später vom Deutschlandradio auch gesendet wird.
Die beiden Männer auf dem Podium haben einander nie gesehen, sie kommen aus unterschiedlichen Ländern, aber sie haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind Schriftsteller - Friedrich Christian Delius und Stanislav Komárek. Zwischen ihnen sitzt die Moderatorin Sigried Wesener von Deutschlandradio Kultur. Sie hat die Veranstaltung „Prager Begegnungen“ gemeinsam mit dem Prager Goetheinstitut ins Leben gerufen und das nicht zuletzt aufgrund einer persönlichen Leidenschaft:
„Ich bin ein großer Fan von Bohumil Hrabal.‚Ich habe den englischen König bedient’, das ist das Werk. Das muss man gelesen haben,“ so Wesener.
Aber natürlich gibt es auch noch andere, rationale Gründe, deutsche und tschechische Autoren auf eine Bühne zu holen: Das seien vor allem die besonderen kulturellen Beziehungen von Berlin und Prag und die Tatsache, dass deutsche Literatur über Jahrhunderte zum kulturellen Leben in Prag dazu gehörte. Das ist schon die 13. „Prager Begegnung“. Frühere Gäste waren Monika Maron, Jáchym Topol, Thomas Brussig und Ivan Klíma. Das sind die bekannteren Autoren. Der Fokus liegt aber eigentlich auf den vom Literaturbetrieb vernachlässigten Autoren. Siegrid Wesener:„Mich hat immer ein bisschen gestört, dass es jüngere tschechsiche Autoren gibt, die gar nicht übersetzt sind. Ich denke da zum Beispiel an Radka Denemarková und Irina Dusková, die, als wir die Veranstaltung hier im Goetheinstitut hatten, auf Deutsch nicht bekannt waren.“
An diesem Donnerstag Abend trafen sich zwei Autoren, deren Romane schon in die jeweils andere Sprache übersetzt worden. Der deutsche Autor Friedrich Christian Delius stellte sein 2009 erschienenes Buch „Die Frau, für den ich den Computer erfand“ vor, in dem ein Mathematiker einem Journalisten seine Lebensgeschichte in einem einzigen Monolog erzählt. Friedrich Christian Delius ist gern Gast in Prag.
„Diese Einladung habe ich sofort angenommen, einfach weil ich immer mal wieder gerne hier bin und die Begegnung mit tschechichen Autoren ist mir schon auch wichtig.“
Ihm gegenüber sitzt der tschechische Schriftsteller und Biologieprofessor Stanislav Komárek, der seinen Simplicissimus-Roman „Kaplans Traum“ mitgebracht hat. Er hat viele Jahre in Österreich im Exil gelebt und diese Veranstaltung ist ihm vor allem ein sprachliches Anliegen:
„Die Zeiten als ganz Böhmen zweisprachig war, sind lange vorbei und es ist irgendwie ein bisschen traurig dabei zuzusehen, wie sich Menschen aus Böhmen und Sachsen oder Bayern miteinander auf Englisch unterhalten.“
Und wenn die Schriftsteller nach der Lesung noch zusammen ein tschechisches Pivo getrunken haben, dann war es wirklich eine Prager Begegnung.