Mit Zimbel und Volkstracht: Winzerfest in Velké Pavlovice

Foto: Autorin

Der Spätsommer ist in ganz Europa die richtige Zeit für Winzerfeste. Auch in den tschechischen Weinbaugebieten wird seit Anfang September die Weinlese gefeiert. Derzeit können Weinliebhaber an jedem Wochenende gleich aus mehreren Möglichkeiten wählen. Am vergangenen Wochenende fanden Winzerfeste beispielsweise im südmährischen Mikulov / Nikolsburg und in Znojmo / Znaim statt, vor zwei Wochen haben die Winzer aus Velké Pavlovice ihr Weinfest veranstaltet.

Das erste Weinlesefest dieser Saison haben die Winzer in Velké Pavlovice veranstaltet. Am ersten Septemberwochenende war das Zentrum der kleinen Weinstadt voll von Menschen. Denn dort, vor dem historischen Speicher wird das Fest jedes Jahr eröffnet – mit einem Spiel über die „Schließung des Weinbergs“ tschechisch „zarazani hory“:

„Ich sage Ihnen, Herr Bürgermeister, zuerst, warum der Berg geschlossen wird. Wenn der Weinberg geschlossen wird, darf ihn niemand außer dem Winzer selbst betreten. Die Trauben werden reif und weich und der Wein wird darin gekocht. Wünschen wir uns viel Sonne und Segen und dass der Weinberg von allen Schadvögeln, Dieben und ähnlichen Lumpen geschützt wird. Schließt den Berg jetzt!“

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Die Laienschauspieler sprechen eine Mundart, die für einen Zuschauer aus Böhmen kaum zu verstehen ist. Sie erzählen während des Volksspiels zudem Witze, in denen es nicht an Anspielungen an Ereignisse aus dem Alltagsleben der Stadt gibt. Der Weinberg und damit auch das Winzerfest werden schließlich offiziell eröffnet. Inzwischen sind die Teilnehmer des Winzerumzugs eingetroffen, einige zu Fuß, einige hoch zu Ross, jedoch alle in prächtigen Volkstrachten.

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Die Tradition von groß gefeierten Weinernten wurde in der Stadt während des Kommunismus für einige Jahrzehnte abgebrochen. Der dortige Winzerverein sorgte mit der Unterstützung der Stadt vor einigen Jahren dafür, das Volkfest wieder ins Leben zu rufen. Aus einem Treffen der Stadtbewohner bei Wein und einer Zimbelkapelle am Marktplatz ist ein Volksfest entstanden, zu dem Wein- und Folkloreliebhaber nicht nur aus ganz Tschechien, sondern auch aus dem Ausland kommen. Auf drei Podien wechselten sich seit Freitag bis Samstag nicht nur Volksensembles, sondern auch Rockbands. Vor allem für die Besucher, die nicht gerade aus einer Weinregion stammen, war die Weinverkostung bestimmt, zu der einer der berühmtesten tschechischen Sommeliers, Libor Nazarčuk, auf einer der Open-Air-Bühnen eingeladen hat.

„Wir beginnen die Verkostung mit Weinen aus den von uns etwas entfernten Weinbaugebieten, d. h. mit Znojmo / Znaim und der mährischen Slowakei, dann kommen Weine aus Mikulov / Nikolsburg und aus unserer Weinregion an die Reihe. Die Weinregion von Velké Pavlovice ist übrigens am größten, es befinden sich hier 75 Weingemeinden mit etwa 400 Weinbaurieden.“

Velké Pavlovice ist vor allem durch Rotweine bekannt geworden. Die erste Erwähnung über einen hervorragenden Rotwein aus dieser Region stammt aus dem Jahr 1586. Damals schickte der Olmützer Bischof Stanislav Pavlovský Wein aus Pavlovice dem Hofmeister nach Prag für dessen Fürbitte beim Kaiser. 1901 wurde in der Stadt eine staatliche Weinbauschule gegründet. Später wurde in Velké Pavlovice die Rosé-Rebsorte Pálava gezüchtet. Und der heutzutage in Tschechien sehr beliebte Rotwein Namens André stammt auch aus dieser Stadt. Die Weinrebe André hat dort Jaroslav Horák 1980 gezüchtet. Bei den Winzerständen konnte man während des Festes jedoch nicht nur den populären Rotwein verkosten. Während des Weinlesefestes werde am meisten der Federweiße verkauft, sagt Winzer Marek Suský. In seinem Stand auf dem Winzerfest erzählte er den Besuchern über die Weinproduktion seiner Familie sowie deren Weinkeller

„Es ist einer der zwei historischen Weinkeller, die hier in Pavlovice für die Besucher geöffnet sind. Hier bieten wir unter anderem unseren Blauen Portugieser, der mit einer Medaille ausgezeichnet wurde. In Pavlovice gibt es sehr gute Bodenbedingungen für Rotweinanbau, und dieser Portugieser ist ein alter Klon, den nicht jeder Winzer hat. Er ist vielleicht etwas konsistenter und man sagt, dass er samten schmeckt.“

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Ohne Zimbelkapellen und vor allem ohne Volkstrachten kann man sich ein Winzerfest in Südmähren nicht vorstellen. Auch in Velké Pavlovice begegnete man während des Weinlesefestes vor allem vielen jungen Menschen, die herrliche Volkstrachten trugen. Da eine Frauentracht aus zig Teilen besteht, dachte ich mir, dass es nicht einfach ist sie anzuziehen. Katerina Mainclova, die eine Volkstracht von Velke Pavlovice anhatte, gab mir Recht.

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„Das Anziehen dauert eine Stunde, manchmal auch anderthalb Stunden. Es kommt darauf an. Bei den Röcken muss man zuerst die so genannte ´podhrnovacka´ anziehen, darauf kommen drei Unterröcke und ein Rock. Über den oberen Rock wird noch dieser weitere farbige Rock gezogen. Zur Bluse zieht man extra Ärmel an. Auf dem Kopf habe ich den Kranz. Und über dem Rock trägt man noch den ´fertoch´ als die Schürze. Hinzu kommen die verschiedenen bunten Bänder, je zwei Stück an den Händen, dann habe ich Schleifen an den Schultern, links noch eine kleinere Schleife und das längere Band hinten nennt man ´litacka´.“

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Wie Katerina weiter erzählte, werden die Trachten oft in der Familie vererbt, aber in ihrer Familie habe niemand die Volkstracht getragen. Die ganze Pracht sei Eigenproduktion, sagt Katerina Mainclova.

„Wenn man das nicht selbst näht, kostet die ganze Ausstattung einschließlich dieser Röcke etwa 60.000 Kronen. Wenn man es selbst näht, kostet die Tracht etwa die Hälfte. Jede ältere Frau bei uns kann Sie beraten, wenn Sie sich keinen Rat mit der Volkstracht wissen. Die Stoffe kann man zwar immer noch besorgen. Aber die Firmen, die sie herstellen, haben finanzielle Probleme. Beispielsweise der Hersteller dieser speziellen Spitzen, die wir an der Volkstracht haben, zog mit seiner Werkstatt in die Türkei. Den Kranz, der so kompliziert aussieht, habe ich gekauft. Es gibt hier eine Frau, die diese Kränze nach den alten Vorbildern herstellen kann. Wie Sie sehen, kann man sich in der Volkstracht nicht setzen. Das geht einfach nicht, mit den vielen steifen Röcken. Aber tanzen kann man darin sehr gut. Diese Tracht dürfen jedoch nur ledige Frauen tragen. Wenn ich heirate, muss ich sie weiter geben.“

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Katerina hatte keine Zeit mehr, denn die Musik begann zu spielen, und fast alle Mädchen und Jungen, die die Volkstracht anhatten, eilten zum Podium. Bis in die späte Nacht dauerte diesmal das Winzerfest in Velke Pavlovice. Ein Folklorefest, zu dem viele der Besucher immer wieder gern zurückkommen.

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