USA verzichten auf Raketenschild in Mitteleuropa – Aus für den Radar in Tschechien

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Die Radaranlage in Tschechien wird nicht gebaut. US-Präsident Barack Obama nimmt Abstand von den Plänen zu einem Raketenabwehrschild in Mitteleuropa, zu der außer dem Radar in Tschechien auch eine Raketenbasis in Polen gehören sollte. Obama selbst hatte in der Nacht auf Donnerstag den tschechischen Premier Fischer telefonisch darüber informiert.

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Geplant und vorangetrieben hatte die Pläne für den Raketenabwehrschild die US-Administration von Ex-Präsident George Bush. Schon seit längerem hatte sein Nachfolger Barack Obama angekündigt, dass die USA diese Pläne neu bewerten wollen. So hielt sich die Überraschung über die endgültige Entscheidung in Grenzen.

„Man konnte sich leicht vorstellen können, dass die Aufgabe dieser Pläne - und damit das Aus für den Radar in Tschechien - eine Möglichkeit ist“, so der tschechische Premier Fischer am Donnerstag.

Laut dem Pentagon sei der Grund für die Raketenabwehr, die Bedrohung durch das iranische Raketenprogramm, geringer als zunächst angenommen. Kritiker werfen den USA allerdings ein Einknicken gegenüber dem Druck aus Russland vor. Denn Moskau hatte sich stets vehement gegen die Raketenabwehr in Mitteleuropa gestellt, die es seinerseits als Bedrohung empfand. Alexandr Vondra, der als Mitglied der früheren Topolánek-Regierung maßgeblich am Abschluss der entsprechenden Verträge mit den USA beteiligt war, erklärte trotzig: „Die amerikanische Administration hat sich eben entschieden, auf Verhandlungen mit Russland und einen Dialog mit dem Iran zu setzen. Sollte dieser Dialog wirklich Ergebnisse bringen, soll es recht sein.“

Auch Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg, stets ein Befürworter des Radars, konnte seine Enttäuschung kaum verbergen:

„Erst wollten sie den Radar bauen, jetzt wollen sie ihn nicht mehr bauen. Meine Idee ist die Anlage im Übrigen nie gewesen.“

Auf Seiten der Sozialdemokraten hingegen war man höchst erfreut über die Entscheidung in Washington. „Das Projekt der Raketenabwehr, so wie es Ex-Präsident George Bush vorangetrieben hatte, ist Vergangenheit“, frohlockte Sozialdemokratenchef Jiří Paroubek.

Diese Einschränkung ist wichtig, denn ganz verzichten auf eine Raketenabwehr wollen die USA nicht. Dies bestätigte auch der tschechische Vertreter bei der Nato, Martin Povejšil:

„Neue mobile Anlagen können oder sollen in Zukunft entweder auf dem Meer oder auf dem Festland entstehen. Klar ist aber, dass sie in einer ersten Phase auf Schiffen installiert werden.“

Damit ist Tschechien, das bekanntlich weder eine Meeresküste noch eine Marineflotte sein eigen nennt, vorerst aus dem Rennen. Und damit wurden Stimmen laut, die Amerikaner ließen ihre tschechischen Verbündeten im Stich. Der tschechische Außenminister Jan Kohout beeilte sich das Gegenteil zu versichern:

„Die amerikanische Seite hat bekräftigt, dass sie auch weiterhin Interesse an einer strategischen Partnerschaft mit der Tschechischen Republik hat, sowohl auf politischer als auch auf militärischer Ebene.“

Die Zusatzverträge Tschechiens mit den USA über eine militärwissenschaftliche Forschungskooperation sollen also von der Absage an die Radaranlage angeblich nicht betroffen sein.