US-Soldaten in Tschechien? Abgeordnetenhaus debattiert bilateralen Militärvertrag
Im tschechischen Abgeordnetenhaus steht am Dienstag eigentlich nur ein Punkt auf der Tagesordnung: die erste Lesung zum Militärvertrag mit den USA. Wie fällt das mögliche Stimmenverhältnis aus? Und was bedeutet das Abkommen für Tschechien?
Im Mai war die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová (Bürgerdemokraten) bei ihrem US-Amtskollegen Lloyd Austin in Washington. Im Pentagon unterschrieben beide ein Dokument namens Defence Cooperation Agreement (DCA), also ein bilaterales Abkommen über die militärische Zusammenarbeit. Damit dies in Tschechien nun auch in Kraft treten kann, muss es von beiden Parlamentskammern genehmigt und vom Präsidenten unterschrieben werden. Dieser Prozess startet am Dienstag mit der ersten Lesung im Abgeordnetenhaus. Marek Výborný, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei der Christdemokraten, sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Am Dienstag haben wir nur einen Verhandlungspunkt vor uns, und das ist der Vertrag zwischen Tschechien und den USA, genannt DCA. Wir erwarten eine recht umfassende und vielfältige Diskussion. Wir sind bereit, ihr diese Zeit zu widmen und das womöglich auch noch nach elf Uhr abends.“
Kritik kommt vor allem von der Oppositionspartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD). Fraktionschef Radim Fiala hat schon am Wochenende angekündigt, seine Partei würde lange Redebeiträge vorbereiten. Die Rechtsaußengruppierung fordert eine Volksabstimmung zum Militärvertrag. Den ebenfalls geäußerten Vorwurf, Tschechien werde damit zu einem US-amerikanischen Stützpunkt, wies Černochová wiederholt zurück:
„Jegliche Anwesenheit ausländischer Truppen in Tschechien muss auch zukünftig auf beiderseitiger Absprache basieren. Jeder mögliche Aufenthalt oder jede Übung amerikanischer Soldaten hierzulande wird genauso wie bisher genehmigt, also durch die Regierung und das Parlament in Übereinstimmung mit dem Verfassungsartikel 43. Daran ändert der DCA-Vertrag absolut nichts.“
Tschechien ist das letzte Land aus dem Ostflügel der Nato, das ein solches Abkommen mit den USA schließt. Es legt die Bedingungen für eine mögliche Stationierung US-amerikanischer Soldaten auf hiesigem Gebiet fest. Dafür stehen elf Stützpunkte der tschechischen Armee bereit. Das wären etwa der Flugplatz Čáslav oder der Übungsplatz Libavá, erläutert der Experte für internationales Recht, Jan Bordec:
„Diese Einrichtungen werden der US-amerikanischen Armee zur Verfügung gestellt. Sie kann sie dann für ihre Bedürfnisse anpassen – allerdings immer nur nach Konsultation mit den tschechischen Organen.“
Von einem Neubau einer rein US-amerikanischen Basis auf tschechischem Boden sei im Abkommen hingegen keine Rede, betont Bordec. An den bestehenden tschechischen Standorten dürften die Amerikaner im Stationierungsfall allerdings auch eigene Munition aufbewahren:
„Atomsprengköpfe werden im Vertrag nicht explizit genannt. Es ist nur allgemein die Rede von Verteidigungsmaterialien. Demnach ist es möglich, diese hierzulande zu lagern, aber auch dies nur nach Absprache mit der tschechischen Seite.“
Vieles, was im DCA festgehalten ist, ist bereits durch das Nato-Abkommen geregelt. Neu hinzu kommen detaillierte Vorgaben wie etwa jene, dass das amerikanische Recht gelten wird für jene US-Soldaten, die während ihrer Stationierung in Tschechien eine Straftat verüben. In besonderen Fällen können die US-Behörden die Ermittlungen jedoch auch an die tschechischen Institutionen übergeben. Außerdem befreit das Abkommen die US-Truppen von den Vorgaben des tschechischen Gesetzes für öffentliche Ausschreibungen.
Wie aus dem Verteidigungsministerium verlautet, rechnet die tschechische Regierung nicht damit, dass es wirklich zu einer Stationierung von US-amerikanischen Soldaten in großer Zahl komme. Abteilungsleiter und DCA-Verhandlungsführer Jan Jireš verweist darauf, dass die US-Armee eigene und größere Basen im benachbarten Deutschland habe:
„Hierzulande könnte es sich vielmehr um kleinere Angelegenheiten handeln. So könnte etwa die US-Seite mit Verweis auf den Militärvertrag auf einem tschechischen Stützpunkt ein Gebäude errichten, um dort zum Beispiel Kommunikationsgeräte zu platzieren. Letztlich sind die tschechischen Flugplätze in Čáslav und in Náměšť schon längst als Allianzeinrichtungen deklariert.“
Ob diese beschwichtigenden Darlegungen von Regierungsseite die Diskussion in der unteren Parlamentskammer verkürzt, wird erst am Dienstagabend klar sein. Die zweite Oppositionspartei Ano hat ihren Abgeordneten jedenfalls das Recht zur freien Abstimmung eingeräumt. Die Fraktionsvorsitzende Alena Schillerová teilte im Voraus mit, dass sich ein Teil der Mitglieder enthalten, die Mehrheit aber für den Vertrag stimmen werde.