„Denk an 1989“ – die Gewinnerin des Wettbewerbs erzählt
2009 ist das Jahr, in dem sich der geschichtsträchtige Tag des Berliner Mauerfalls zum 20. Mal jährt. Dass dies ausgiebig gefeiert werden muss, steht fest. Je früher, desto besser dachte sich dabei das Goethe-Institut in Prag und rief schon zu Beginn des Jahres 2009 zum Wettbewerb „Denk an 1989“ auf. Vivian Hömke sprach mit Instituts-Mitarbeiter und Juror des Wettbewerbs Hans Simon-Pelanda sowie der glücklichen Gewinnerin Tereza Miklasová.
„Wir wollten anlässlich der 20 Jahre, die seit 1989 vergangen sind, die Meinung von jungen Tschechen einholen, was heute für sie dieses Datum 1989 bedeutet. Gibt es für Sie eine Ikone die für Sie repräsentiert, was dieser Oktober, November 1989 für Sie als Tschechen für eine Bedeutung hat?“
Gewonnen hat die 24-jährige Studentin Tereza Miklasová aus Budweis. Sie kann sich über ein dreiwöchiges Sprachstipendium in Deutschland freuen. Den Ort darf sich die Deutsch- und Geschichte-Studierende selbst aussuchen. Wo sollte es denn am liebsten hingehen?
„Ich würde gerne Berlin sehen, da war ich noch nicht, oder vielleicht auch München. In München war ich schon einmal. Das hat mir sehr gefallen, so eine große Stadt, aber auch historisch. Und Berlin: Ich habe viele Bekannte in Deutschland. Die haben mir immer gesagt, man kann Berlin entweder lieben oder hassen. Aber sie alle lieben Berlin. Und deshalb würde ich Berlin auch gerne erleben.“An dem Wettbewerb „Denk an 1989“ durften ausschließlich junge Tschechen und Tschechinnen im Alter von 17 bis 22 Jahren teilnehmen. Junge Erwachsene also, die den Mauerfall und die Zeit der Wende selbst nicht bewusst erlebt haben.
„Wir wollten, dass sie ein sie berührendes Beispiel finden, das in drei Worten ausdrückt, was war im Oktober und November 1989 für mich als jungen Tschechen für ein Tag?“
Das Bild von der Zeit vor und nach der Wende wird besonders bei der Generation der unter 30-Jährigen oft von den Geschichten der Eltern oder Großeltern beeinflusst. Auch die Familie von Tereza hatte es vor dem Mauerfall nicht immer leicht.
„Mein Opa ist aus der KSČ ausgetreten und dann durfte meine Mutter zum Beispiel nicht an der Schule studieren, an die sie wollte. Meine Eltern waren schon froh, dass die Veränderung gekommen ist. Sie können jetzt reisen, das konnten sie früher nicht. Sie waren früher nur in der DDR, das durften sie. Aber jetzt fahren sie jedes Jahr in ein anderes Land.“
An der Ausschreibung „Denk an 1989“ haben sich wider Erwarten nur wenige Tschechen beteiligt. Sehr kreativ bei der Auswahl ihres Motivs waren die meisten Wettbewerbsteilnehmer auch nicht. Nur drei Arbeiten haben Hans Simon-Pelanda gefallen. Eine davon war die von Tereza Miklasová. Sie überraschte die Juroren vom Goethe-Institut mit etwas Anderem als zum Überdruss gesehene Bilder von Trabbi-Schlangen. Eine besondere Rolle spielte dabei ein ehemaliger Demonstrant der Leipziger Montags-Demonstrationen: Rainer Müller, den sie bei einer Exkursion mit ihrer Universität Budweis in Leipzig kennenlernte.„Ich habe zuerst gedacht, dass er nur irgendein Mensch, vielleicht ein Obdachloser ist, weil er so ganz lange Haare hat und einen vollen Bart. Aber dann ist er die ganze Zeit mit uns mitgegangen und dann war mir klar, dass er unser Zeitzeuge ist.“
Rainer Müller macht im Jahr 1988 bei den Leiptiger Montagsdemonstrationen auf sich aufmerksam. Er trug ein Plakat, auf dem die chinesichen Schriftzeichen für Demokratie und Freiheit abgebildet waren – ein Hinweis auf die blutig niedergeschlagenen Demonstrationen in Peking zur damaligen Zeit. Das beeindruckte Tereza Miklasová. Sie fotografierte Rainer Müller, wie er heute aussieht und schickte dieses Bild zusammen mit einem Foto aus dem Jahr 1988, auf dem er sein besonderes Plakat hält, an das Goethe-Institut.
„Das hat mich dann fasziniert, dass sie diesen Einen rausgreift. Und sie hat auch den Vergleich gemacht, dass diese Demonstration und auch einzelne Leute wie dieser Rainer Müller ihr Pendant finden in Prag mit den Demonstrationen auf dem Wenzelsplatz oder in der Narodni und dass auch dort einzelne Personen, führend natürlich der spätere Präsident, die Leute begeistert haben, sie mit speziellen Aktionen, auch in Prag gab es ja besondere Aktionen, dazu bewegen konnten, dass sie sich anschließen und dass letztendlich dieser friedliche Übergang gelingt.“Tereza Miklasová war völlig überrascht, als sie Post aus Prag bekam. Zwei Monate waren vergangen, seit sie ihre Fotos von Rainer Müller eingesandt hatte.
„Ich habe mich sehr gefreut, aber ich war sehr überrascht, weil ich damit nicht gerechnet habe. Sie haben mir erst Mitte Juli geschrieben und der Einsendeschluss war am 11. Mai. Aber ich habe mich wirklich sehr, sehr gefreut.“
Im Juli stand also die Gewinnerin fest. Den Preis, einen Gutschein für ein Sprachstipendium in einer deutschen Stadt ihrer Wahl, darf die 24-Jährige Tereza allerdings erst am 24. September entgegennehmen. Weshalb erst vier Monate nach dem Ende der Einsendefrist?
„Der 24. September bietet sich an, weil dort der Europäische Tag der Fremdsprachen im Goethe-Institut auch gefeiert wird, dann haben wir einen ansprechenden Rahmen. Es kommen auch Schüler, die können das dann als Motivation mitnehmen: Was passiert, wenn man sich an solch einem Wettbewerb beteiligt, dass es sich auch lohnen kann.“