Tschechische Honigzüchter fürchten um die Zukunft ihrer Hobbytätigkeit
„In unserem Garten steht ein Baum mit Äpfeln, sie schmecken gut, sie sind süß wie der Honig“, singt man in einem bekannten tschechischen Volkslied. Süß sein wie der Honig war schon seit eh und je eine begehrte Eigenschaft. Nicht von ungefähr wird mit dem englischen Wort „Honey“ nicht ausschließlich das Bienenprodukt gemeint. Am Anfang war aber die Honigbienenzucht, die auch in den böhmischen Ländern auf eine alte Tradition zurückblicken kann. „Tschechischer Honig“ ist heute immer noch ein Markenzeichen, doch auch die einheimischen Imker sind vor Problemen nicht gefeit.
„Die Honigsaison ist eigentlich zu Ende. Die Natur kann uns kaum noch etwas anbieten, denn alles, was blühen kann, hat bereits geblüht. Was uns nicht gefällt, ist der häufige Regen. Im Regen können die Bienen keinen Nektar ins Bienenhaus transportieren. Die erste Honigernte ist sehr dürftig ausgefallen. Unter normalen Umständen konnte ich im Schnitt zehn bis zwölf Kilo Honig schleudern, diesmal waren es nur drei bis vier Kilo. Jetzt werden wir noch den Lindenblütenhonig schleudern und alles deutet darauf hin, dass diesmal nur mit rund acht Kilo zu rechnen ist. Normalerweise können es bis zu 15 Kilo Honig sein.“
Ähnliche Informationen wie die aus Ostböhmen von Evžen Báchor gibt es aus vielen anderen Regionen Tschechiens zu hören. Doch das größte Problem, das der tschechischen Imkerei in den letzten Jahren zu schaffen macht, ist das Aussterben der Bienen. Vor zwei Jahren fiel ein Drittel der halben Million Bienenvölker einer Erkrankung namens Varroase zum Opfer, wie Luděk Sojka, der Präsident des tschechischen Imkerbundes, erläutert:
„Vor zwei Jahren hatten wir eine Katastrophe erlebt, die nicht vorhersehbar war. Zweimal nacheinander war der Winter sehr mild. Da die Bienenköniginnen keine Winterpause hatten, legten sie ihre Eier kontinuierlich weiter. Parallel dazu konnten sich auch die weiblichen Varroamilben (Varroa destructor) in der verdeckelten Bienenbrut fleißig vermehren. Diese Milben saugen sich zudem an erwachsenen Bienen fest. Dadurch können sie sehr viele Bienenvölker dezimieren.“
Woran liegt es, dass die Bienen immer wieder von diesen oder anderen Parasiten befallen werden, ohne sich wehren zu können? Luděk Sojka:
„Es ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese Krankheit von einer anderen Bienenart zu uns eingeschleppt wurde. Die so genannte Krainer Honigbiene (Apis mellifera carnica), die bei uns als einzige gezüchtet wird, besaß nicht die entsprechende Immunität. Ich möchte aber sagen, dass das tschechische Forschungsinstitut für Imkerei ein wirksames Heilsystem für Bienen geschaffen hat, mit dem man die intensive Verbreitung der Varroase zumindest bremsen kann.“
Sojka zufolge ist es mittlerweile gelungen, einen Großteil der zu Grunde gegangenen Bienenvölker durch neue zu ersetzen. Der Imkerbund glaubt, bald wieder die Zahl von einer halben Million zu erreichen. Bei der Bewältigung des durch die Krankheitserreger verursachten Bienenschwundes hat auch der Staat den Imkern finanziell unter die Arme gegriffen.
In Tschechien gibt es derzeit über 46 000 Imker. 98 Prozent von ihnen sind im tschechischen Imkerbund organisiert. Die absolute Mehrheit stellen die Hobbyzüchter. Doch auch ihre Zahl sinkt: 1990 wurden in Tschechien noch doppelt so viele Bienenzüchter registriert. Der Hobbyimker Pavel Malovec aus der mährischen Stadt Hranice na Moravě sieht dafür unter anderem folgende Gründe:„Das Vordringen großer Handelsketten und billiger Honigsorten auf den tschechischen Markt hat die Entwicklung der Imkerei hierzulande negativ beeinflusst. In unserer Region hat das Interesse junger Menschen an dieser Betätigung maßgeblich nachgelassen. Zurück geht auch die Nachfrage der Konsumenten nach regionalen Honigprodukten. Der Durchschnittspreis, zu dem der Honig an die Großhändler verkauft wird, liegt bei 35 und 60 Kronen (rund 1,5 bis 2,5 Euro) für ein Kilogramm, je nach dem Jahresgesamtertrag.“
Zum genannten Niedrigpreis ist der tschechische Honig im Geschäft natürlich nicht zu haben. Schon jetzt wird ein Kilogramm für 100 Kronen und mehr verkauft.
„Es sieht so aus, dass die kommerzielle Großproduktion von Honig in Europa weiter auf Kosten der traditionellen Imkerei wachsen wird. Es ist eine Hobbytätigkeit, die aber mit hohen Ausgaben verbunden ist. Eine Honigschleuder zum Beispiel kostet zwischen 20.000 und 60.000 Kronen (800 bis 2400 Euro). Auch nicht billig sind die Schutzmittel, mit denen man gegen die Bienenkrankheiten kämpfen muss.“
Laut Malovec blieb die Region um die mährische Stadt Hranice bis vor kurzem von einer Epidemie verschont. Nun wartet man dort auf Ergebnisse von neuen Laboruntersuchungen.„Leider wurde in diesem Jahr bei einer Untersuchung nachgewiesen, dass ein Gebiet im Umkreis von etwa fünf Kilometern um die Stadt Hranice von der so genannten Bienenpest befallen sein könnte. Das Kreis-Veterinäramt in Olomouc /Olmütz hat eine Verfügung mit vorbeugenden Maßnahmen herausgegeben, die jeglichen Bienentransport in oder aus diesem Sperrgebiet untersagt. Wer hier Bienenhonig verkaufen will, muss diesen zuerst untersuchen lassen. Wenn die Erkrankung bestätigt wird, muss der Imker sämtliche Bienen vernichten. Auch dann, wenn von seinen 50 oder 70 Bienenvölkern nur ein einziges infiziert wäre. Wir sind zwar gegen solche Fälle vesichert, aber eine vollständige finanzielle Kompensation der Schäden ist das nicht. Stellen Sie sich vor: Man hat sich 30 Jahre den Bienen gewidmet und jetzt muss alles verbrannt werden. Und wenn man 70 Jahre alt ist, kommt es nicht mehr in Frage, von neuem anzufangen.“
Ein sehr wichtiger Aspekt der Bienenhaltung ist die Bestäubungsleistung der Bienen. Ohne Bienen sinkt der Ertrag unserer Kulturpflanzen. So wie Jiří Zavřel, Vorsitzender der Imkerorganisation in Nové Město na Moravě, sehen es auch viele andere Imker hierzulande:
„Die Honigprodukte stellen nur den sichtbaren Teil der Imkerei dar. Was nicht gleich auf den ersten Blick zu sehen ist, ist das Bestäuben der Pflanzen und Blüten, die auf die Bienen warten. Ohne Bienen könnten sie nicht existieren. Das ist also auch ein wichtiger Grund, warum wir uns der Imkerei widmen.“
Nach Einschätzung von Experten würden weltweit etwa 20.000 Pflanzenarten eingehen, wenn die bedeutendsten Blütenbestäuber verloren gingen. Kurzum, die Bienen sind in der Natur unersetzlich.