Ökologisch befeuert: Der Ort Měňany heizt (fast) komplett mit Biomasse

Foto: Europäische Kommission

Měňany befindet sich etwas abseits im böhmischen Karst, aber nahe der bekannten tschechischen Burg Karlštejn. Im Bereich Umwelt ist der kleine Ort jedoch kein bisschen ab vom Schuss. Im Gegenteil: Kaum eine andere Gemeinde heizt so konsequent ökologisch. Ein zentrales Kraftwerk versorgt die Bewohner mit Wärme auf der Basis von Biomasse. Dies haben sogar die Organisatoren des weltweiten Umweltpreises „Energy Globe Award“ honoriert.

Bürgermeisterin Stanislava Sotlová mit Autor
„Wenn man im Sommer einen Tag faulenzt, friert man im Winter zehn Tage lang“ – so heißt ein altes Sprichwort. Der Gemeinderat des Dorfes Měňany wollte die Ortsbewohner genau davor ein für allemal behüten. Heraus kam ein Projekt, das zugleich auch einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Umwelt leistet: ein Fernwärmenetz, gespeist aus Biomasseheizkesseln. Bürgermeisterin Stanislava Sotlová:

Biomasseheizkessel
„Der Vorschlag kam im Jahre 2003 von dem damaligen Bürgermeister. Er hatte einen Experten kennen gelernt, der die Idee von einem zentral beheizten Dorf auf ökologischer Basis hatte. Beide Männer begannen zusammenzuarbeiten und setzten ihre Pläne um. Im Dorf wurde dann eine Umfrage gemacht. Die Bewohner äußerten sich eher skeptisch.“

Alle Vorbereitungsarbeiten dauerten ein Jahr – die Projektierung, das Einholen der Genehmigungen und die Überzeugungskampagne im Dorf.

„Mit den Bauarbeiten wurde dann 2004 begonnen, die Arbeiten dauerten insgesamt vier Jahre. Aber schon im Winter 2007 starteten wir die erste Testheizperiode. Damals wurden zwei Drittel der Häuser im Dorf an das Fernwärmenetz angeschlossen“, so Bürgermeisterin Sotlová.

Erst die erste Testheizperiode hat alle Bewohner von Měňany überzeugt - so wie diese ältere Frau, die auf dem Dorfplatz auf einer Bank unter einem großen Lindenbaum sitzt:

Fernwärme Netz
„Ich bin sehr zufrieden mit dem Fernwärmenetz. Es hat Vorteile vor allem für uns, für alte oder behinderte Leute. Ich muss mich um nichts kümmern, und es ist warm zu Hause. Ich muss keine Kohle, kein Holz und andere Brennmaterialien kaufen. Ich muss nicht den Ofen machen, ihn beladen und säubern. Ich wohne in einem Haus zusammen mit meinem Enkel und seiner Frau. Die zwei waren von Anfang an von dem Fernwärmenetz begeistert. Ich persönlich war eher skeptisch. Aber jetzt bin ich sehr zufrieden. Wirklich sehr zufrieden.“

Der Erfolg des Projektes bei den Bewohnern ist so groß, dass fast alle Häuser im Dorf an das Fernwärmenetz angeschlossen sind.

„Die Zahl der Häuser liegt derzeit bei genau 76. 70 davon nutzen das Warmwasser auch zum Heizen. Der Rest sind Anschlüsse zu derzeit noch leeren Grundstücken oder an Häusern, die renoviert werden. Eigentlich gibt es im Dorf nur drei Häuser, die nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Nur diese drei Häuser haben Schornsteine, die im Winter rauchen“, sagt Stanislava Sotlová.

Das Fernwärmenetz versorgt alle Häuser mit warmem Wasser und im Winter mit preiswerter Wärme. Dank der Verbrennung von Biomasse ist das Projekt sehr ökologisch. Das hat der kleinen Gemeinde bereits internationale Anerkennung gebracht.

Die Gemeinde Měňany

Energy Globe Award ist der Name eines vor zehn Jahren gegründeten weltweiten Umweltpreises. Inzwischen gilt er als einer der wichtigsten Umweltpreise weltweit. Vergeben wird der Preis für Projekte, die Energieressourcen schonend verwenden oder erneuerbare beziehungsweise emissionsfreie Energieformen benutzen. In diesem Jahr hatten insgesamt rund 800 Projekte aus 111 Ländern an dem ökologischen Wettbewerb teilgenommen. 15 von ihnen kamen in die Endausscheidung. Und darunter war auch dieses tschechische Projekt aus Měňany. Bürgermeisterin Sotlová:

Die Asche
„Im Jahr 2008 haben wir die nationale Endrunde des Energy Globe Award gewonnen. Deswegen vertraten wir die Tschechische Republik im weltweiten Wettbewerb. Wir waren eines von drei Projekten im Bereich ´Feuer´. Wir haben dafür eine finanzielle Unterstützung in der Höhe von 50.000 Kronen bekommen. Wir hatten nie zuvor daran gedacht, an einem Wettbewerb teilzunehmen. Es war ein reiner Zufall. Für die nationale Ausscheidung wurde zum ersten Mal eine Kategorie auch für Dörfer eingeführt. Das hatte es früher nicht gegeben und gibt es in anderen Staaten auch bisher nicht.“

In der Mitte des Dorfes an der Hauptstraße befindet sich in einem neuen Gebäude der Heizkessel, gleich daneben wurde eine große Scheune gebaut, in der die Brennstoffe lagern. Stanislava Sotlová macht eine kleine Führung in den Kesselraum und erläutert die Technik:

„Hier befinden sich zwei Heizkessel mit einer Gesamtleistung von 450 Kilowatt. Die Zuschaltung erfolgt nacheinander. Zu sehen sind die Förderbänder, die den Brennstoff aus dem Lager nebenan transportieren. Nach der Verbrennung entsteht diese feine Asche – diese kleine Menge ist das Ergebnis der Verbrennung nach drei Wochen. Die Asche ist ein ökologisches Produkt und dient zur Düngung im Garten oder man kann sie auch zum Kompost hinzufügen. Die Kessel werden mit Biomasse befeuert. Das sind alle Naturstoffe, die wir verhäckseln können. Nur so können die Förderbänder den Brennstoff in die Heizkessel transportieren. Wir benutzen Holzspäne, Baumrinden und Holzschliff. Neulich haben wir auf einem Feld auch Sauerampfer angepflanzt, den wir zerhacken und nach dem Trocknen verbrennen.“

Die Heizkessel und der Transport des Brennstoffes laufen automatisch. Dieses Projekt bringt einen positiven Beitrag für die Verbesserung der Umwelt in böhmischen Karst. Doch die Schulden, die das kleine Dorf damit auf sich geladen hat, sind groß. Insgesamt 1,5 Millionen Euro kostete die Anlage. Nur ein Drittel der Summe konnte durch staatliche Beihilfen gedeckt werden. 20 Jahre lang wird die Gemeinde nun noch die Bankkredite zurückzahlen. Bereits jetzt plant man aber weiter, wie Bürgermeisterin Sotlová sagt:

„Wenn wir alle Schulden getilgt haben, dann können wir unser ökologisches Projekt fortsetzen und vollenden - zum Beispiel mit der Installation von Solarkollektoren oder mit dem Kauf eines eigenen Häckslers. Ich persönlich tendiere zu schnell wachsenden Pflanzen, die die Gemeinde auf den eigenen Feldern anbauen könnte. So würden wir völlig unabhängig von der Lieferung von Rohstoff für Biomasse.“

Geht es nach Stanislava Sotlová, dann würde Měňany zu einem Art tschechischen Musterdorf. All jenen Gemeinden, die sich derzeit nicht an ein ähnlich fortschrittliches Projekt eines Fernwärmenetzes wagen, soll gesagt werden: Es geht doch.

Fotos: Autor