Kollaps im tschechischen Strafvollzug befürchtet

Am Mittwoch hat die tschechische Justizministerin Daniela Kovářová im Rahmen einer Inspektionsreise einige Strafanstalten besucht. Über den unerfreulichen Stand der Dinge, namentlich über die extrem schlechten räumlichen Verhältnisse in diesen Einrichtungen, berichtete sie im nordmährischen Ostrava / Ostrau.

Justizministerin Daniela Kovářová  (Foto: ČTK)
Tschechische Strafanstalten platzen aus allen Nähten und es droht ein Kollaps, so in etwa die Warnung der Justizministerin. „Alle Strafanstalten befinden sich an der Grenze ihrer Kapazität, einige sind bis zu 130 Prozent überfüllt“, sagte Daniela Kovářová in ihrem Statement.

In den tschechischen Gefängnissen, deren Gesamtkapazität mit 18.600 Plätzen beziffert wird, befinden sich derzeit über 22.000 Häftlinge. Es sei die höchste Zahl seit zehn Jahren, so Luděk Kula, Leiter des tschechischen Strafvollzugs gegenüber dem Tschechischen Rundfunk. Die Gefängnisse seien aber nicht aufblasbar:

„Am 1. Juli haben wir eine neue Strafanstalt in Rapotice mit fast 500 Plätzen eröffnet. Zum 21. Juli wird die bereits bestehende Strafanstalt in Kynšperk um 200 Plätze erweitert. Kürzlich wurde in Ostrov nad Ohří ein neues Gefängnis mit 100 Plätzen eröffnet. Das alles genügt aber nicht. Wir brauchen eine komplexe Lösung des Problems. Neue Gebäude zu bauen ist nur eine provisorische Lösung. Bevor sie fertig sind, werden wir insgesamt bereits 24.000 Menschen in den Gefängnissen haben.“

Von links Luděk Kula,  Daniela Kovářová und Jan Hlisník  (Foto: ČTK)
In den meisten übervollen Anstalten kommt es vermehrt zu Konflikten zwischen den Insassen. Jan Hlisník, Leiter der Strafanstalt in Ostrava:

„In den Zellen, die flächenmäßig klein sind, leben zusammengepfercht drei bis vier Personen. Es kommt häufig zu Reibereien, zu Aggressionen, die sie nicht allein beilegen können. Da muss dann unser Personal einschreiten. Die Belegschaft der Zellen wird dann verändert, allerdings nicht nach dem Wunsch der Häftlinge. Wir müssen auch die Sicherheit der Insassen gewährleisten. “

In diesem Zusammenhang wird Tschechien wiederholt von internationalen Organisationen kritisiert. Hierzulande würden viele Regeln für die Unterkunft von Menschen im Strafvollzug nicht eingehalten. Während in Westeuropa im Schnitt sechs Quadratmeter pro Person als Standard gelten, sind es laut einheimischen Vorschriften nur vier Quadratmeter. Außerdem hat Tschechien europaweit die fünfthöchste Zahl von zu Freiheitsentzug verurteilten Straftätern im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung.

Weniger bekannt ist hingegen, dass sich in Tschechien rund 7500 gerichtlich verurteilte Personen vor dem Strafvollzug versteckt halten – angesichts der Überfüllung fast schon ein Glück für die Strafanstalten Tschechiens.