Der Freischütz, Rusalka und Kasperle: Das Sommermärchen von Krumau
Die Stadt wirkt recht märchenhaft, und Märchen kann man dort übrigens auch erleben – in Český Krumlov / Krumau. Denn gleich zwei Märchenopern werden zurzeit auf der Open-Air-Bühne mit drehbarem Zuschauerraum im Krumauer gespielt. Neben dem Freischütz und der Rusalka auf der Sommerbühne kann man weiteren Märchengestalten im Krumauer Märchenhaus begegnen. Seit unserer letzten Reportage von der Sommerbühne sowie aus dem Märchenmuseum vor mehr als einem Jahr hat sich einiges in Krumau geändert.
„Willkommen im Theater mit der höchsten Decke auf der Welt!“ So werden die Zuschauer auf der Sommerbühne mit drehbarem Zuschauerraum begrüßt. Die Open-Air-Bühne ist seit Jahren den Denkmalschutzexperten ein Dorn im Auge. Krumau steht auf der Weltkulturerbeliste der Unesco, und das schwere mechanische Monster inmitten des Schlossparks hat bislang das Verbleiben der Stadt auf der Liste gefährdet. Andererseits sind die Vorstellungen im Schlosspark, bei denen der Zuschauerraum je nach der Szene gedreht wird, sehr gefragt und beliebt. In den vergangenen Tagen hieß es vom Kulturministerium, dass die Bühne mit drehbarem Zuschauerraum maximal bis 2016 im Park bleiben kann. Danach soll sie abmontiert und eventuell anderswo neu installiert werden.
Die Sommerbühne wird vom Südböhmischen Theater Budweis genutzt, und neben Schauspielen werden dort jeden Sommer auch Opern aufgeführt. In diesem Jahr erlebte dort Ende Juni eine Neuinszenierung von Webers Freischütz die Premiere. Der Direktor des Südböhmischen Theaters in Budweis, Jiří Šesták, dazu:„Wir haben diese Oper im Frühjahr für unsere Bühne in Budweis einstudiert. Den Freischütz inszenierten wir bereits mit der Perspektive, dass wir ihn auf der Open-Air-Bühne in Krumau aufführen. Mit ihrem Thema passt die Oper zu Krumau – Carl Maria von Weber ließ sich angeblich durch eine Böhmerwald-Sage inspirieren. Regie hat Zdeněk Troška. Er hat im Böhmerwald viel Zeit verbracht und dort auch viele Märchenfilme gedreht. Bei der Wahl dieses Werks von Carl Maria von Weber haben wir natürlich auch an die Theaterfans aus Deutschland und aus Österreich gedacht, die oft zu den Open-Air-Vorstellungen nach Krumau kommen. Für sie ist der Freischütz die beliebte Volksoper wie etwa Smetanas Verkaufte Braut für uns Tschechen.“
Der Freischütz, der seit Ende Juni auf der Krumauer Open-Air- Bühne gespielt wird, ist nicht die einzige Oper, die im Krumauer Schlosspark diesen Sommer zu sehen ist. Ähnlich wie in den letzten Jahren können sich die Opernfans wieder auf Antonín Dvořáks Rusalka freuen. Die Vorstellungen finden im Rahmen des internationalen Musikfestivals statt, das am 17. Juli in Krumau eröffnet wird. Die diesjährige Rusalka unterscheide sich, so Jiří Šesták, von den Inszenierungen in den letzten Jahren:
„Vor allem ist die Besetzung teilweise neu: in den Hauptrollen stellen sich einige international bekannte Sängerinnen und Sänger vor – wie beispielsweise Alan Glassman, Julie Makerov sowie die tschechische Operndiva Eva Urbanová. Da wir verhältnismäßig viel Zeit für die Proben in Krumau haben, wird es zu einigen Änderungen in der Inszenierung kommen. Der Schlosspark, in dem gespielt wird, hat sich auch ein wenig geändert. Die Natur beeinflusst natürlich die Vorstellung sehr. Wir bemühen uns darum, dass vor allem die ausländischen Gäste Zeit haben, sich in dem unbekannten Milieu des Parks zu orientieren. Wir stellen ihnen Assistenten zur Verfügung, die sie durch den Raum von einem Baum zum anderen führen werden, damit die Solisten dort zu sehen sind, wo sie gesehen werden sollen.“
Märchen kann man in Krumau nicht nur auf der Sommerbühne im Schlosspark erleben. Viele der kleinen historischen Häuser in den Krumauer Gässchen sehen wie Kulissen aus einem Filmmärchen aus. Aber nur eines der altehrwürdigen Häuser heißt das "Märchenhaus". Das Haus wird von Marionetten aus verschiedenen Zeitepochen bewohnt. Oft kann man unter den Märchengestalten auch dem hiesigen Hausherrn, Ex-Bürgermeister Jan Vondrouš begegnen. Er war der Initiator des Märchenmuseums. Der Großteil der Marionettensammlung wurde vor Jahren vom Prager Nationalmuseum ausgeliehen. Im Märchenhaus seien in der letzten Zeit bestimmte Änderungen durchgeführt worden, sagt Jan Vondrouš:„Die Marionettenausstellung sieht mittlerweile anders aus. Wir mussten nämlich eines der viel bewunderten Exponate – das mechanische Theater mit verschiebbaren Kulissen – wieder dem Prager Nationalmuseum übergeben. Denn so wertvolle Exponate können nicht ununterbrochen ausgestellt werden und müssen entsprechend instand gehalten werden. Der Raum, in dem man zuvor nur das Theater besichtigen konnte, wurde umgestaltet. Wir sitzen hier jetzt in einer Kopie des Maskensaals, der sich oben im Schloss befindet. Die Marionetten, die hier hängen, hat der Holzschnitzer Baloun nach dem Vorbild der Malereien aus dem Maskensaal geschnitzt, zwei davon sind fast in Lebensgröße.“Der Maskensaal im Märchenhaus wird für festliche Gelegenheiten genutzt. Da sich im Keller des Hauses eine Vinothek befindet, werden im neu gestalteten Saal auf Bestellung auch Weinverkostungen veranstaltet. Denn wie Jan Vondrouš bemerkt, wurde auch der Maskensaal im Schloss vor allem als Raum für Festivitäten verschiedener Art genutzt, bei denen die gastronomischen Erlebnisse eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben.
Neben den historischen Marionetten aus dem Prager Nationalmuseum kann man im Märchenhaus auch neue Marionetten und Puppen bewundern. Jan Vondrouš:
„Moderne Marionetten sind auf dem Dachboden ausgestellt. Diese haben uns einige tschechische Puppentheater geliehen. Die Ausstellung ergänzen wir gelegentlich, wenn wir auf etwas Besonderes stoßen. Ich habe dort jetzt eine Ausstellung von Kasperle- und Clown-Marionetten installiert. Sie stammen von verschiedenen Holzschnitzern aus Böhmen.“
Das Märchenhaus in Krumau ist das ganze Jahr hindurch geöffnet, in der Sommersaison von 10 bis 20 Uhr.