Aderlass bei den Christdemokraten – Prominente Parteimitglieder treten aus

Cyril Svoboda (uprostřed), foto: ČTK

Noch am vergangenen Europawahl-Wochenende feierten die tschechischen Christdemokraten (KDU-ČSL) die Verteidigung ihrer zwei Mandate im Europäischen Parlament. Zur Ruhe gekommen ist die durch Flügelkämpfe gebeutelte Partei deswegen aber nicht. In den vergangenen Tagen verkündeten gleich mehrere prominente Mitglieder ihren Austritt aus der KDU-ČSL. Außer Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek, der den Schritt schon länger angekündigt hatte, verließen die Partei auch Ex-Verteidigungsministerin Vlasta Parkanová, mehrere Abgeordnete und Senatoren.

KDU-ČSL  (Foto: ČTK)
Der christdemokratische Parteichef Cyril Svoboda, erst im Mai mit knapper Mehrheit ins Amt gewählt, demonstrierte angesichts des Aderlasses Gelassenheit. Die Austritte seien nur die Konsequenz eines langen Prozesses, der schon während der Beteiligung an der gestürzten Topolánek-Regierung seinen Anfang nahm:

„Schon in der ehemaligen Regierungskoalition hatte sich gezeigt, dass die jetzt Ausgetretenen immer mit unseren Koalitionspartnern abgestimmt haben. Damit haben sie sich aber manchmal gegen die Positionen ihrer eigenen Partei gestellt. Jeder Abgang tut mir weh, er kommt aber nicht überraschend.“

Die ehemaligen Mitglieder kritisieren vor allem einen vermeintlichen Linksruck der Christdemokraten. Pavel Severa, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im Abgeordnetenhaus, meint etwa, die Partei tendiere unter Svoboda zu einer gleichmacherischen Politik. Svoboda sieht das natürlich ganz anders:

„Wir kehren nun zurück zu den bewährten Themen der christdemokratischen Partei. Zu denen, die zum Erfolg führen.“

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Miroslav Kalousek, der als Wortführer der parteiinternen Opposition galt, entgegnete mit süffisantem Lächeln:

„In der Tschechischen Republik kann man mit Positionen des ehemaligen Sozialismus noch Erfolg haben. Vielleicht hat er da Recht. Aber dort liegen sicher nicht die Wurzeln der christdemokratischen Politik.“

Kalousek hat die Gründung einer neuen konservativen Mitte-Rechtspartei angekündigt. Die neue politische Gruppierung mit dem Namen „Top09“ dürfte aber nicht nur zum Sammelbecken enttäuschter Christdemokraten werden. Auch aus den Reihen der Bürgerdemokraten kamen schon Sympathiebekundungen für „Top09“. Darüber hinaus wird in den tschechischen Medien spekuliert, der beliebte ehemalige Außenminister Karel Schwarzenberg könnte der neuen Partei beitreten – und sogar ihr Vorsitzender werden. Schwarzenberg stand bislang der Partei der Grünen nahe. Ein Engagement Schwarzenbergs in der neuen Partei bestätigte Kalousek aber bisher nicht.

„Am Donnerstag werden wir zunächst einmal die Parteisatzung präsentieren und die programmatische Ausrichtung der Partei erläutern“, sagte Kalousek.

Und dann wird man auch mehr über das personelle Profil von „Top09“ erfahren.