Tauziehen um Vorsitz und Ausschüsse
Das neugewählte Abgeordnetenhaus hat einen Vorsitzenden: Radek Vondráček. Nun geht es aber an die Ausschüsse.
„Für mich ist das eine große Ehre. Vor allem, da ich eine ganz besondere Beziehung zu den demokratischen Werten habe. Wir haben in den vergangenen Tagen einen beachtlichen Schritt dahin getan, dass dieses Land ein funktionierendes Abgeordnetenhaus bekommt. Unsere nächste Aufgabe ist es nun, eine funktionierende Regierung zu schaffen, die auch über das nötige Vertrauen verfügt.“
Er plane. klar an die Arbeit seines sozialdemokratischen Vorgängers Jan Hamáček anknüpfen, so der studierte Jurist Vondráček. Mit dieser Kontinuität wolle er eine stabile Zusammenarbeit im Plenarsaal gewährleisten.
Für Vondráček stimmten unter anderem auch die Kommunisten und die rechtsradikale SPD. Deren Parteichef Tomio Okamura hat offene Ambitionen, Ende der Woche einer von fünf Parlaments-Vizevorsitzenden zu werden. Auf diese Weise will er möglichst viel vom Programm seiner Partei verwirklichen.Aber auch die Piraten haben für den Ano-Politiker Vondráček gestimmt. „Kapitän“ Ivan Bartoš erklärt warum:
„Wir wollen eine konstruktive Opposition sein und nicht blockieren. Wir wollen ganz einfach, dass das Parlament so früh wie möglich reibungslos funktioniert.“
Die konservativen Parteien im Parlament, die Christ- und die Bürgerdemokraten, die Unabhängigen und Bürgermeister (Stan) sowie die Top 09, lehnten hingegen einen Vorsitzenden Vondráček ab. Die Abgeordneten dieses sogenannten „Demokratischen Blocks“ holten ihre Stimmzettel zwar ab, in die Urnen warfen sie diese jedoch nicht. Miroslav Kalousek ist Chef der Top 09:
„Diese Wahl hat ganz klar gezeigt, welche Parteien es ermöglichen wollen, dass eine Minderheitsregierung ohne Vertrauen an die Macht kommt, die dort auch lange bleiben wird. Diese Wahl zeigt aber ebenso, welche Parteien das nicht wollen.“Damit spielt Kalousek auf die anstehende Regierungsbildung an, die Ano möchte nämlich ohne Partner, ohne Mehrheit und gegebenenfalls ohne Vertrauen die Geschäfte übernehmen.
Die Wahl des Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses war aber die bisher leichteste Aufgabe bei der konstituierenden Sitzung. Nun geht es an die Stellvertreter und die Chefs der Ausschüsse. Bis in die kommende Woche zeichnet sich ein parlamentarischer Gewaltmarsch an.
Immerhin haben sich die Abgeordneten von Ano, SPD und Kommunisten auf den Chef des zukünftig 19-köpfigen Mandats- und Immunitätsausschusses geeinigt. Gerade dieser ist in Tschechien ein heißes Thema. Und zwar weil die Polizei in der Storchennest-Affäre die Aufhebung der Immunität des designierten Premiers und Ano-Parteichefs Andrej Babiš fordert. Am Ende einigte man sich, dass der Kommunist Stanislav Grospič die Leitung übernehmen soll. Und er verspricht eine gründliche Aufarbeitung des Falls Storchennest:„Ich bin davon überzeugt, dass da alles korrekt ablaufen wird. Der Ausschuss wird alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel aufwenden, um die Sache ohne Verzögerungen zu lösen. Natürlich ist dazu auch die Zusammenarbeit mit den übrigen rechtsstaatlichen Instanzen nötig.“