Ämter und öffentlicher Verkehr in Tschechien: Weit besser als ihr Ruf

Sie erinnern sich vielleicht: Vor einigen Wochen habe ich über die Schwierigkeiten berichtet, die die Abgabe der Steuererklärung in Tschechien bereitet. Das Formular unübersichtlich, der Internet-Auftritt der Tschechischen Steuerverwaltung ein Labyrinth aus Buchstaben und Zahlen. Ich denke, ich muss nun etwas zurechtrücken:

Sicher, es war ein Kampf mit den Formularen und die Homepage des Finanzamtes war mir keine Hilfe dabei. Doch ich habe es schließlich geschafft, alle nötigen Felder auszufüllen und die Steuererklärung rechtzeitig abzuschicken. Bereits wenige Tage später erreichte mich eine SMS: Ich möchte bitte auf dem Finanzamt Prag 10 anrufen. Also doch - ich hatte es befürchtet: Ich habe mich verrechnet oder eine wichtige Angabe vergessen. Mit einem unguten Gefühl rief ich die angegebene Nummer an: Am anderen Ende eine äußerst freundliche Dame, die schon auf meinen Anruf gewartet hatte: Danke für ihre Steuererklärung. Soweit sei alles in Ordnung, sie habe nur eine Frage wegen meines Status als EU-Ausländer. Ich möchte bitte eine Erklärung über meine frühere beruflichte Tätigkeit in meiner Heimat abgeben. Nein, vorbeikommen müsse ich nicht, es reiche ein eingescannter Brief. Gesagt, getan. Kurz darauf die Antwort: Alles bestens, vielen Dank für Ihre Mühe und noch einen schönen Tag. Keine zehn Tage später hatte ich bereits eine satte Steuerrückzahlung auf meinem Konto. Die tschechischen Steuerformulare mögen unübersichtlich und die Internetseiten unbrauchbar. Doch solange es so freundliche Mitarbeiter auf den Finanzämtern gibt, soll es mir recht sein.

Ein anderes Beispiel: Vor einigen Wochen war ich in Wien. Als ich mich dann Sonntagmittag wieder nach Prag aufmachen wollte, gab es ein kleines Problem – und zwar ein Problem namens Wien-Marathon. Straßenbahnen und Busse mussten den Läufern Platz machen und die U-Bahn fährt seit mehr als 20 Jahren knapp aber doch am Südbahnhof vorbei. Also habe ich die Internet-Fahrplanauskunft befragt. Das Ergebnis hat mich einigermaßen empört: Die Wiener Linien, wie sich die Verkehrsbetriebe in der österreichischen Hauptstadt nennen, schickten ihre Fahrgäste doch tatsächlich mit der Straßenbahn beinahe ins Zielgelände des Marathons.
Foto: Kristýna Maková
Rein theoretisch natürlich, denn selbstverständlich war der Straßenbahnbetrieb auf der Ringstraße stundenlang eingestellt. Man hat es also nicht der Mühe wert gefunden, die Daten in der elektronischen Auskunft anzupassen. Also habe ich mich auf eigene Faust aufgemacht gesucht und mir mit U- und S-Bahn mühsam den Weg zum Bahnhof gebahnt – und dank einer saftigen Verspätung der S-Bahn beinahe meinen Zug nach Prag versäumt. Vergangenes Wochenende war nun in Prag Marathon. Wie in Wien wurden Busse und Bahnen aus der Innenstadt verbannt und fuhren oft abenteuerliche Umleitungen. Doch es gab einen wesentlichen Unterschied: Schon Tage vor dem sportlichen Großereignis hat man Infoblätter mit den Sperren und Umleitungen verteilt und alle paar Minuten die Metro mit zweisprachigen Durchsagen beschallt. Und selbstverständlich waren auch alle Änderungen in die Online-Fahrplanauskunft. Ganz so, wie man es von den Prager Verkehrsbetrieben auch bei Baustellen und sonstigen Störungen gewohnt ist. Und ganz nebenbei bemerkt sind auch alle wichtigen Prager Bahnhöfe problemlos mit der Metro erreichbar. Wien und Prag rühmen sich – zu Recht - in vielen Bereichen ihrer engen Zusammenarbeit. Dringend nötig wäre allerdings ein Ausflug einer Delegation der Wiener Linien nach Prag: In punkto Kundenservice und Fahrgastinformation gibt es von den Prager Kollegen eine ganze Menge zu lernen.