EU-Tagung über Regionalentwicklung unter dem Eindruck der Regierungskrise

Foto: www.eu2009.cz

Am Donnerstag und Freitag tagen im westböhmischen Marienbad die Minister für Regionalentwicklung der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Besser gesagt, sie sollten tagen. Denn in Wirklichkeit haben die meisten Länder nur Vertreter aus der Ministerialbürokratie in den altehrwürdigen Kurort entsandt. Warum das so ist, darüber hat Patrick Gschwend mit Radio-Prag-Reporter Daniel Kortschak gesprochen, der vor Ort ist und den Gipfel verfolgt.

Daniel, warum haben die meisten Staaten nur Vertreter aus der dritten oder vierten Reihe geschickt. Ist die Regionalentwicklung denn so ein unwichtiges Thema?

"Nein, das ist auf gar keinen Fall ein unwichtiges Thema. Ganz im Gegenteil. Man muss sich vorstellen, dass immerhin ein Drittel des gesamten EU-Budgets für Regionalentwicklung und Kohäsionspolitik aufgewendet werden. Die nicht sehr prominente Besetzung des informellen Gipfels liegt viel mehr an der tschechischen Regierungskrise. Ich habe auch den tschechischen Minister für Regionalentwicklung, Cyril Svoboda darauf angesprochen und er hat mir ganz klar gesagt: Man darf sich keine Illusionen machen, die tschechische Ratspräsidentschaft ist durch den Sturz der Regierung in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht."

Kann man denn unter diesen Voraussetzungen überhaupt mit nennenswerten Ergebnissen rechnen?

"Nein, ich glaube nicht. Mann muss sich vor Augen halten, dass etwa aus Österreich und Deutschland völlig unbekannte Beamte gekommen sind: In der Teilnehmerliste werden sie nur als schlicht „Direktor“ bezeichnet. Die haben bestimmt kein starkes Verhandlungsmandat. Ich denke – und das hat auch Minister Svoboda anklingen lassen – es geht jetzt für Tschechien wirklich nur mehr darum, das Gesicht zu wahren. Denn eine Absage des Gipfels wäre eine totale Blamage gewesen.

Aber man muss sich natürlich fragen, ob dieser gewaltige Aufwand, den so eine Konferenz außerhalb von Prag bedeutet, irgendwie gerechtfertigt ist: Gleich mehrere Hotels hat man als Tagungsorte angemietet – die besten Häuser, die bestimmt nicht billig sind. Jeder Stuhl, jeder Computer, jedes Telefon wird aus Prag hertransportiert. Dazu kommen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung der Delegationen. Und nicht zu vergessen die Hunderten Polizisten aus dem ganzen Land, die hier in Marienbad im Einsatz sind."

Über was wollen – oder besser gesagt wollten – denn die Minister hier sprechen? Was kann man sich denn überhaupt unter dem Begriff Kohäsionspolitik vorstellen?

"Es geht sehr verkürzt gesagt darum, dass alle Gebiete in der EU ein ähnliches Wohlstandniveau aufweisen. Davon ist man heute noch weit entfernt, und dafür gibt es jede Menge Förderungen. Ganz Tschechien ist als so ein Gebiet mit besonderem Förderungsbedarf eingestuft – mit Ausnahme der Hauptstadt Prag. Ein Beispiel dafür, was gefördert wird sind die Oberleitungsbusse hier in Marienbad. Die Stadt selbst hätte sich vor einigen Jahren die Erneuerung der Busse nicht leisten können und man war knapp davor, auf Dieselbusse umzustellen. Also hat man eine Förderung für dieses ökologische Verkehrsmittel beantragt und die EU hat zwei Drittel der Kosten für die neuen O-Busse übernommen, die dank des Geldes aus Brüssel weiterhin abgasfrei und fast geräuschlos durch den Kurort fahren.

Aber mittlerweile gibt es einen regelrechten Förderdschungel und nicht immer sind die Resultate der eingereichten Projekte zufrieden stellend. Darum möchte die EU für mehr Effizienz und Transparenz bei der Vergabe der Mittel sorgen. Das hat sich eigentlich die tschechische Ratspräsidentschaft vorgenommen. Doch auch wenn die Zeit drängt – im Jahr 2011 laufen die bisherigen Regelungen aus – wird dieses Thema wohl an die schwedische Ratspräsidentschaft weitergereicht werden, die im Juli antritt."