Růžička: Wir wollen eine Medaille und nach der WM etwas zu feiern haben

Vladimír Růžička (Foto: ČTK)

Am Freitag geht der Vorhang wieder auf für eine Eishockey-Weltmeisterschaft. Sie wird in diesem Jahr in der Schweiz ausgetragen. Die tschechische Mannschaft bekommt es dabei in der Gruppe D zunächst mit Dänemark, Norwegen und Finnland zu tun.

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Das tschechische Eishockey hat bislang elf WM-Titel und insgesamt 43 WM-Medaillen gewonnen. Damit gehören die hiesigen Kufencracks zu den Top Drei der Welt – nur Kanada und Russland (vordem UdSSR) sind mit 24 Titeln noch erfolgreicher. In den vergangenen zwei Jahren aber kamen die Puckjäger aus Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien ohne Medaille nach Hause. Ein Trend, den man jetzt endlich stoppen will. Denn nach drei Jahren unter Chefcoach Alois Hadamczik ist vor dieser Saison jener Trainer auf die Kommandobrücke zurückgekehrt, unter dem die „tschechischen Löwen“ ihren letzten großen Triumph gefeiert haben: Vladimír Růžička. Das war vor vier Jahren in Wien, als der heute 45-Jährige die mit NHL-Spielern nur so gespickte Nationalmannschaft auf den WM-Thron führte. Und auch diesmal macht er keinen Hehl daraus, dass er nicht als Tourist zur WM fahren will:

„Wer mich kennt, der weiß, dass meine Maxime immer die gleiche ist: Ich fahre zu einer WM, um zu gewinnen, und nicht, um nur daran teilzunehmen.“

Vladimír Růžička  (Foto: ČTK)
Etwas ernsthafter und mit dem gebührenden Respekt für die Konkurrenz legt Růžička jedoch sofort nach:

„Sie können sicher sein: Wir versuchen, den größtmöglichen Erfolg zu erringen. Aber von WM-Gold zu sprechen, ist Fehl am Platz. Für uns wäre es ein Erfolg, wenn wir mit einer Medaille zurückkommen würden.“

Růžička weiß wovon er spricht. Vor vier Jahren, als er nach dem Unfalltod der Trainer-Legende Ivan Hlinka den Posten des Auswahlcoachs für eine Saison bekleidete, konnte er aus dem Vollen schöpfen. In der nordamerikanischen National Hockey League (NHL) probten die Spieler damals den Aufstand: Sie streikten, weil sie die hohen Gehaltskürzungen, die die Club-Bosse letztlich durchsetzten, zunächst nicht akzeptierten. Daher spielten nahezu alle tschechischen NHL-Stars in der heimischen Extraliga und für die WM in Österreich konnte Růžička ein absolutes Topteam zusammenstellen.

Jaroslav Bednář und Lukáš Mensator  (Foto: ČTK)
Diesmal allerdings sieht die Realität anders aus. Aus der NHL erhielt der Nationaltrainer reihenweise Absagen, darunter von mehreren erstklassigen Verteidigern, von denen die Tschechen zu Hause und in den europäischen Ligen nicht üppig gesät sind. Noch härter aber traf Růžička die Absage von Goalkeeper Tomáš Vokoun, der vor vier Jahren auch zu den Weltmeistern gehörte. Die Torwartposition ist in jüngster Vergangenheit so etwas wie die Achillesferse im tschechischen Eishockey. Aber: Gerade in der abgelaufenen Saison fand hierzulande auf dieser Position eine Art Generationswechsel statt. Mehrere talentierte junge Torhüter haben in den Clubs das Zepter übernommen und geben Anlass zu neuen Hoffnungen für die Zukunft:

„Wir haben zurzeit keine erfahrenen Torleute, die das Niveau der jungen Schlussmänner haben. Die Jungen haben in den zurückliegenden Monaten einen ganz großen Sprung nach vorn gemacht und werden jetzt auch ihre WM-Chance erhalten“, sagt Růžička.

Mit dem 24-jährigen Lukáš Mensator und dem noch um zwei Jahre jüngeren Jakub Štěpánek nominierten Růžička und seine beiden Co-Trainer daher gleich zwei WM-Neulinge für die Torwartposition. Auf den ersten Blick erscheint das ein ziemliches Risiko zu sein. Auf der anderen Seite aber ist Růžička gerade von der Leistungsexplosion Štěpáneks sehr angetan:

Jakub Štěpánek  (Foto: ČTK)
„Jakub Štěpánek hat eine tolle Entwicklung genommen. Im Play-off-Viertelfinale konnte ich mich als Trainer von Slavia Prag mehrfach davon überzeugen, als er im Tor von Gegner HC Vítkovice stand. Auch in der WM-Vorbereitung hat er einen Klasseeindruck hinterlassen. Er hat sehr gut im Testspiel gegen Deutschland und beim Euro-Hockey-Turnier in Liberec gehalten. Er hat den internationalen Test bestanden und ist eine viel versprechende Torhüterhoffnung.“

Während Růžička also im Tor und in der Verteidigung mehr oder weniger ungewollt fast ausschließlich auf Akteure setzt, die in Europa spielen, so kann sich die Besetzung des Angriffs wirklich sehen lassen. Hier stehen nicht weniger als sieben Spieler im Kader, die in der russischen KHL ihr Geld verdienen. Unter ihnen ist der WM-Superstar schlechthin, der zweifache Stanley-Cup-Gewinner und beste Europäer, der bis dato in der NHL gespielt hat: der 37-jährige Jaromír Jágr. Obwohl die Clubsaison für Jágr in Omsk schon vor einem Monat zu Ende war, hat er sich separat und intensiv auf die WM vorbereitet. Eine Tatsache, die Růžička besonders zu würdigen weiß:

„Es ist phantastisch, dass wir einen solchen Topspieler in unserer Mannschaft haben. Beim Turnier in Liberec war zu sehen, wie glänzend er sich in Russland vorbereitet hat. Er hat sehr gut gespielt, oft mehrere Gegenspieler beschäftigt und damit Freiräume für seine Mitspieler geschaffen. Jetzt hoffe ich, dass seine Formkurve bei der WM noch weiter nach oben zeigt.“

Jaromír Jágr  (Foto: ČTK)
Aber Růžička und seine Assistenten müssen nicht nur auf Jágr bauen. Aus Edmonton ist auch der 25-jährige Aleš Hemský zum Team gestoßen. Hemský, der wie Jágr vor vier Jahren mithalf, den WM-Titel zu holen, wird in Nordamerika als begnadeter Puckkünstler gefeiert, der das Eishockey förmlich zelebriert. Experten sehen in ihm bereits den Kronprinzen und legitimen Nachfolger von Jágr in der Rolle des tschechischen Weltstars. Růžička ist deshalb froh, in der Schweiz auf beide Topspieler zurückgreifen zu können:

„Wenn man zwei solche Klasseleute im Team hat, dann wird es für jeden Gegner schwer, sie im eigenen Abwehrdrittel zu binden und in ihrem Aktionsradius einzugrenzen. Beide verstehen es, mit dem Puck umzugehen.“

Wegen dieser Offensivkraft ist Vladimír Růžička recht optimistisch, dass er mit seinem Team in der Schweiz erfolgreich sein wird. Still und heimlich träumt er dann auch von einem Empfang auf dem Altstädter Ring in Prag, wo die Tschechen noch stets ihre Olympiasieger und Weltmeister gefeiert haben:

„Natürlich würden wir unsere Rückkehr liebend gern auf dem Altstädter Ring beenden. Dort mit den Fans zu feiern, ist das Schönste, was dir als Spieler und Trainer passieren kann. Vor vier Jahren habe ich es ja selbst erlebt. Für eine Wiederholung des WM-Sieges von 2005 werden wir alles geben. Aber wir wissen auch, dass das ganz, ganz schwer werden wird.“


Josef Řezníček und Václav Skuhravý  (Foto: ČTK)
Ein anderer Klassespieler konnte zum Ausklang seiner Karriere bereits am vergangenen Ostersonntag richtig feiern. Die Rede ist vom 42-jährigen Verteidiger Josef Řezníček, der mit der Rekordzahl von 1035 Ligaspielen abgetreten ist. Mit seinem Club Energie Karlovy Vary besiegte er im Play-off-Finale der tschechischen Eishockeymeisterschaft Titelverteidiger Slavia Prag mit 4:2 Siegen – nach 1994 in Olmütz sein zweiter Meistertitel:

„Der Titel, den ich mit Karlsbad gewonnen habe, hat für mich einen höheren Wert, weil ich ihn in diesem Alter und nach so vielen Spielen errungen habe. Man sagt zwar, der erste Titel ist der schönste. Für mich aber ist der Titel zum Abschluss meiner Karriere noch viel, viel schöner.“

In seiner langen Karriere hat Řezníček von 1992 bis 1996 auch im sächsischen Weißwasser gespielt. Eine tolle Zeit, an die er sich gern erinnert:

„Ich möchte mich bei allen Fans aus Weißwasser ganz herzlich bedanken. In Weißwasser, wo ich vier Jahre gespielt habe, war das Publikum einfach phantastisch. Auch deshalb habe ich mich dort sehr wohl gefühlt. Darüber hinaus haben mich die Leute aus Weißwasser auch danach nicht aus den Augen verloren. Mehrmals haben sie mich bei Spielen in der tschechischen Extraliga besucht. Ich muss also in Weißwasser einen ganz starken Windruck hinterlassen haben, dass sie mir bis zum Karriere-Ende so treu geblieben sind.“

Autor: Lothar Martin
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