Ein Vormittag mit Obama – Eindrücke vom Auftritt des US-Präsidenten in Prag

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Würstchenbuden, langes Stehen und ein umjubelter Auftritt – hier geht es nicht etwa um ein Openair-Konzert, sondern um Obamas Rede in Prag. Eindrücke von der Veranstaltung am vergangenen Sonntag auf der Prager Burg.

Alle waren von den Medien gewarnt worden: früh hingehen, es wird voll. Es ist sieben Uhr am Sonntag, und die Menschen stauen sich bereits in den engen Gassen auf der Prager Burg. Tschechen sind eher in Unterzahl, viele Amerikaner und weitere Ausländer sind gekommen. Manche haben Obama einfach kurzfristig in das Programm ihres Pragbesuchs aufgenommen, wie Cornelius aus Deutschland und seine Begleitung.

„Wie haben das – ehrlich gesagt – erst hier erfahren. Daher haben wir gedacht, wir stehen heute früh auf. Um 4.30 Uhr hat der Wecker geklingelt.“

Doch wer in den engen Gassen steht, der hat den Kampf um die besten Plätze schon verloren. Vorbei geschleust werden jene, die ihre weiße VIP-Eintrittskarte hochhalten. Ein Symbol des Triumphes, sie stehen später unmittelbar vor der Bühne.

Ganz langsam bewege auch ich mich nach vorn. Erst nach anderthalb Stunden stehe ich vor der ersten Absperrung. Nun noch die Sicherheitskontrolle – alle Wertsachen in den Korb und durch die Röntgenschleuse. „Bitte trinken Sie aus Ihrer Flasche!“ Ich setze an, es heißt „Danke!“. Mein Grapefruitsaft ist nun auch nach Meinung der Polizei giftfrei.

Auf dem Platz ist Live-Musik zu hören, Würstchenbuden sind aufgebaut und die Sonne lässt bereits die Ärmel kürzer werden - Volksfestatmosphäre. So ist es also, wenn der mächtigste Mann der Welt ebenjener eine Vision mitteilen möchte. Was fasziniert die Leute so sehr an ihm?

„Mich fasziniert fast alles an ihm. Es ist der erste farbige Präsident, demokratisch dazu. Mir gefällt an ihm alles“, sagt Zuzana, eine ältere Tschechin.

„Ich bin Englischlehrerin und Englischübersetzerin. Deswegen ist das für mich hier ein kulturelles Ereignis. Zudem ist er eben der erste afroamerikanische Präsident der USA. Ich bin ein großer Fan von ihm“, so Zuzanas jüngere Begleitung Petra.

Larry kommt aus Los Angeles und musste erst auf Europareise gehen, um seinen Präsidenten zu Gesicht zu bekommen:

Michell Obama
„Ich glaube, mehr Europäer haben Obama seit seinem Amtsantritt gesehen als Amerikaner. Seine Reden sind immer großartig, ich bin mir sicher, die Leute werden es mögen.“

20.000 Menschen, so werden die Medien im Nachhinein schätzen, haben sich auf dem Burgplatz eingefunden. Gegen zehn Uhr soll der US-Präsident mit seiner Frau Michelle auf der Mole erscheinen, die zum Rednerpult führt. Die Zeit rückt näher – und die Spannung steigt, so auch bei Theresa aus Deutschland:

„Wir haben gedacht: ´Gehen wir halt hin.´ Jetzt wo wir hier sind, sind aber auch wir total aufgeregt. Das ist etwas komisch, aber es macht Spaß.“

Auch dieses Warten hat ein Ende. Es ist mittlerweile viertel nach zehn, und über den Lautsprecher ertönt endlich:

„Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, und seine Frau Michell Obama.“


Barack Obama
Obamas Rede dauert eine knappe halbe Stunde lang. Die Zuschauer und Zuhörer nehmen danach Unterschiedliches mit. Josef und Lucie aus Prag

„Es war ein tolles Gefühl. Allerdings kann ich kein Englisch, also bleibt nur das gute Gefühl“, so Josef

„Es war schön. Ich glaube zwar nicht, dass er etwas von seinen Ideen umsetzen wird, hoffe aber auf das Gegenteil“, glaubt Lucie.

Besondere Begeisterung herrscht unter den Amerikanern. Meggin lebt in Prag und meint:

Barack Obama
„Ich fand es großartig, er hat einige sehr stichhaltige und kräftige Aussagen gemacht. Er hat dies auch gut mit der tschechischen Kultur und den Tschechen verbunden. Obama sagte großartige Dinge über die Samtene Revolution und ihren zwanzigsten Jahrestag in diesem Jahr. Ihm gelingt es wirklich, die Menschen zu motivieren. Es ist gut, dass heute so viele gekommen sind.“

Kern von Obamas Rede ist der Aufruf, für eine Welt ohne Atomwaffen zu kämpfen - eine Vision also.

„Ich denke, dass es ein sehr hohes Ziel ist und es wird ziemlich schwierig sein“, so Lena.

Cornelius fällt Lena ins Wort:

„Aber einer muss damit anfangen. Es wird ein sehr langer Prozess, sicher genauso lang, wie es die Atomraketen schon gibt. Wenn aber niemand damit anfängt, dann wird sich auch nichts ändern.“

Irgendwie nehmen also alle irgendetwas mit von diesem Vormittag auf der Prager Burg mit Barack Obama.

Fotos: Štěpánka Budková