Erster großer EU-Gipfel unter tschechischer Führung
Es ist der erste reguläre EU-Gipfel unter der tschechischen Ratspräsidentschaft. Seit Donnerstag tagen in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-27. Hauptthema dabei – wie könnte es auch anders sein: Die weltweite Wirtschaftskrise.
„Ich halte die tschechische Ratspräsidentschaft für die schlechteste seit 1994, seitdem ich im Europäischen Parlament bin. Ich weiß gar nicht, was die machen! Die tschechische Ratspräsidentschaft findet in der ganzen Situation, in der wir uns jetzt befinden, überhaupt nicht statt. Die ist auch meistens mit sich selbst und dem eigenen Überleben der Regierung in Prag beschäftigt. Diese Ratspräsidentschaft ist ein Totalausfall.“
In Brüssel warf ein französischer Journalist Mirek Topolánek die instabilen politischen Verhältnisse in Tschechien vor. Darauf konterte der amtierende Ratspräsident mit einem Seitenhieb auf Frankreich. Dort demonstrierten am Donnerstag Hunderttausende Menschen gegen die Politik von Nicolas Sarkozy:„In manchen Ländern wird die politische Auseinandersetzung auf der Straße geführt. Bei uns findet sie hingegen im Parlament statt. Die Opposition versucht nun schon zum fünften Mal, der Regierung das Misstrauen auszusprechen. Schauen Sie doch in die Geschichtsbücher, wie viele Länder mit einer Minderheitsregierung die EU geführt haben und wie viele Regierungen während des Ratsvorsitzes gestürzt wurden.“
Doch abseits dieser Misstöne gab es in Brüssel auch Konkretes. Die EU-Spitzen haben beschlossen, den Hilfsfonds zu verdoppeln für jene Länder außerhalb der Euro-Zone, die in ernste Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Insgesamt 50 Milliarden Euro will die Union Ungarn, Rumänien und Lettland leihen, um sie vor dem Staatsbankrott zu retten.
Gleichzeitig mahnte Mirek Topolánek die Länder der EU zur Einheit. Dies sei vor allem in Hinblick auf den bevor stehenden Gipfel der 20 größten Industrienationen wichtig, der in knapp zwei Wochen in London über die Bühne geht. Man müsse das Vertrauen der Welt in die EU stärken:„Dieses Vertrauen bekommen wir aber nur dann, wenn wir geschlossen auftreten. Wir brauchen klare Schritte und Forderungen, mit denen die EU auf diesem G-20-Gipfel auftreten wird.“
Erneut warnte Topolánek seine europäischen Kollegen eindringlich vor Nationalismus und Protektionismus. Damit sei der weltweiten Wirtschaftskrise mit Sicherheit nicht beizukommen.
Das Interview mit Martin Schulz finden Sie auf den Seiten des Deutschlandfunk:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/936890/