Neuer Polit-Zoff in Prag: Topolánek erhebt Vorwurf der Manipulation bei Präsidentenwahl
In Brüssel ist der tschechische Premierminister Mirek Topolánek fast in der Mitte seiner EU-Ratspräsidentschaft angelangt. Zu Hause in Prag aber steht er derzeit mitten im politischen Schussfeld. Und die Munition dafür besorgt er sogar höchst selbst! Vor den Abgeordneten des Prager Parlaments tat er am Mittwoch seine Überzeugung kund, dass die Wahl des Staatspräsidenten vor einem Jahr manipuliert war.
„…eine Verhandlung des Abgeordnetenhauses hinter verschlossenen Türen. Ich werde Beweise dafür vorlegen, in welcher Art die Präsidentschaftswahlen vor einem Jahr manipuliert wurden, in welcher Weise die Verfassung verletzt wurde und in welcher Form die Herren Randák und Dimun die ganze Sache angezettelt und organisiert haben.“
Karel Randák, der ehemalige Chef des tschechischen Geheimdienstes, und Peter Dimun, der heutige Marketingchef der Sozialdemokraten, sollen laut Topolánek also hinter diesen Machenschaften stehen. Das Manöver wirft einige Fragen auf. Topolánek hatte damals sein Ziel erreicht. Václav Klaus wurde in seine zweite Amtszeit gewählt. Warum der Manipulationsvorwurf? Und warum erst jetzt? Möglicherweise will der Premier mit dieser Attacke nur von der eigenen Erklärungsnot in der Affäre Wolf ablenken und einen neuen Speer in Richtung Opposition abfeuern. Die Sozialdemokraten sehen dem Vorwurf der Wahlmanipulation gelassen entgegen, sagte ihr Vizechef Milan Urban:
„Wenn es zu einer Manipulierung gekommen sein soll, dann doch sicher von Seiten der Regierungskoalition gegenüber einem ehemaligen Abgeordneten der Sozialdemokraten. Das können wir uns noch gut vergegenwärtigen. Wenn der Premier Beweise dafür hat, sehe ich keinen Grund, dass man darüber hinter verschlossenen Türen sprechen soll. Die Öffentlichkeit möchte das auch hören.“
Urban sprach über den Abgeordneten Evžen Snítilý, der im Vorjahr – als er noch Sozialdemokrat war – aus unerfindlichen Gründen für den Gegenkandidaten Václav Klaus gestimmt hatte. Topolánek indes versicherte, die Belege für die Manipulierung erst jetzt erhalten zu haben. Bevor er damit vor die Abgeordneten trete, würden die Beweise Gegenstand der nächsten Regierungssitzung am Montag sein. Die Tageszeitung „Hospodářské noviny“ dagegen kommentierte schon, dass Topolánek sich womöglich „ins eigene Bein geschossen habe“. Denn es sei gerade Topolánek gewesen, der für die Wahl von Václav Klaus die Verantwortung übernommen habe. Präsident Klaus wiederum will sich zu den „neuesten Enthüllungen“ im tschechischen Politsumpf nicht äußern:„Da es in dieser Sache um mich geht, will ich außen vor bleiben. Sollen die Vorsitzenden der politischen Parteien das Ganze unter sich ausmachen, ohne mich und irgendein Engagement von mir.“
Derweil haben die Sozialdemokraten für kommenden Dienstag ein erneutes Misstrauensvotum gegen die Regierung angekündigt. Und angesichts der jüngsten Entwicklungen sind sogar mehrere Abgeordnete der Regierungsparteien nicht mehr abgeneigt, einer Übergangsregierung und baldigen Neuwahlen zuzustimmen.