Ruinen auf dem Moldaugrund - die mittelalterliche Judithbrücke

Überreste der Judithbrücke

Zentimeter für Zentimeter suchen in diesen Tagen Taucher von der Prager Flusspolizei den Grund der Moldau ab. Sie fahnden aber nicht nach Beweisen für irgendein Verbrechen, sondern suchen nach Überresten der Judithbrücke - der ältesten Steinbrücke, welche die Ufer der Moldau im mittelalterlichen Prag verband. Maria Hammerich-Maier hat beim Denkmalschutzamt nähere Informationen über die archäologischen Forschungen eingeholt:

„Es gab hier unmittelbar in Prag nicht allzu viele Stellen, wo die Moldau überquert werden konnte. Eine solche Stelle lag unterhalb der Burg. Anfangs war dort eine Furt gewesen, später wurde eine Holzbrücke gebaut“,

erzählt Zdeněk Dragoun vom Nationalen Denkmalschutzamt in Prag. Als die Holzbrücke durch ein Hochwasser zerstört wurde, ließ der böhmische König Vladislav II. sie durch eine Steinbrücke ersetzen. Diese wurde im Jahre 1172 fertig gestellt – die Judithbrücke, benannt nach der zweiten Frau des Königs, Judith von Thüringen. Der Přemyslide Vladislav II. war in Regensburg gekrönt worden, und da ist auch der Grundgedanke der Judithbrücke zu suchen, wie Zdeněk Dragoun vermutet:

Zdeněk Dragoun
„Die Regensburger Brücke ist um ein paar Jahrzehnte älter als die Judithbrücke. Zweifellos hat der Bauherr der Judithbrücke, der Fürst Vladislav, der seine Königskrone in Regensburg erlangt hatte, die Brücke gesehen. Also ging wahrscheinlich von Regensburg eine Inspiration für die Judithbrücke aus.“

Ob es darüber hinaus Zusammenhänge zwischen den beiden Steinbrücken gibt, das wird derzeit untersucht. Die Judithbrücke überspannte die Moldau ein paar Meter stromaufwärts von ihrer Nachfolgerin, der Karlsbrücke, und war drei bis vier Meter niedriger als sie. Dieser Umstand wurde der Judithbrücke zum Verhängnis: 1342 riss ein Hochwasser sie weg. Im Zuge von Sanierungsarbeiten an der Karlsbrücke erforschen nun Archäologen vom Nationalen Denkmalschutzamt die genaue Lage und den Aufbau der Judithbrücke. Das geschieht nicht nur um der Forschung willen:

Überreste der Judithbrücke  (Foto: Štěpánka Budková)
„Das hat selbstverständlich auch einen praktischen Zweck. Denn wenn wir die Überreste genau vermessen haben, können wir sie besser schützen. Der Verkehr auf der Moldau wird in letzter Zeit immer dichter, und es ist nicht auszuschließen, dass das Flussbett verändert wird. Es geht also darum, diese mehr als 800 Jahre alten Reste der Judithbrücke zu bewahren.“

So Zdeněk Dragoun. Die Judithbrücke stand auf rund 20 Pfeilern. Einen Brückenpfeiler haben die Taucher bereits vergangenen November geortet, nun wurden die Fundamente eines weiteren Pfeilers entdeckt. Nur einmal hatte die Moldau bisher das Geheimnis der Judithbrücke preisgegeben: Anfang der 1940er Jahre war ein Wehr geborsten, das aufgestaute Wasser floss ab, und die Fundamente der Judithbrücke kamen vorübergehend zum Vorschein.