Kommunisten verlangen Zweidrittelmehrheit bei Abstimmung zu Radarstationierung
In zwei Wochen will das tschechische Parlament mit der Abstimmung über die Stationierung der geplanten US-amerikanischen Radaranlage in Mittelböhmen beginnen. Zur Erinnerung: Die Radaranlage soll um Abwehrraketen in Polen ergänzt werden. Beides gehört zum europäischen Pfeiler eines US-Raketenabwehrschildes. Im tschechischen Parlament ist die Zustimmung zur Radaranlage bedroht, wie sich am Sonntag erneut in einer Fernsehdebatte zeigte.
In der Fernsehdebatte tauschten sich Alexandr Vondra, der bürgerdemokratische Vizepremier für europäische Angelegenheiten, und Vojtěch Filip, der kommunistische Vizevorsitzende des Abgeordnetenhauses, aus. Beide vertraten nach wie vor unterschiedliche Positionen. Filip verkündete jedoch eine Neuigkeit: Die Kommunisten werden einen Antrag einbringen, demnach die so genannte Verfassungsmehrheit von 120 Stimmen im 201-köpfigen Abgeordnetenhaus bei der Abstimmung über die Radarstationierung erreicht werden müsste. Sein Argument:
„Die Verfassung der Tschechischen Republik beinhaltet keine Formulierung, welche die Stationierung eines fremden Militärstützpunktes auf ihrem Territorium ermöglichen würde.“
Sollte dieser Vorschlag im Abgeordnetenhaus nicht angenommen werden, wollen sich die Kommunisten an das Verfassungsgericht wenden. Vondra hielt dem entgegen, die Regierung verfüge über mehrere Rechtsanalysen, die besagten, dass die Stationierung US-amerikanischer Militärs mit einfacher Stimmenmehrheit gebilligt werden kann. Nach Auffassung des Vizepremiers geht es den Kommunisten nicht um eine auf Rechtsbasis geführte Fachdiskussion. Ihr Plan sei vielmehr, so Vondra in der TV-Debatte, Tschechien aus der Sphäre der transatlantischen und europäischen Sicherheit herauszuholen. So weit wolle er es allerdings nicht kommen lassen:
„Ich will, dass die Nato als eine feste Organisation bestehen bleibt, um weiterhin Europa mit den Vereinigten Staaten zu verbinden. Ich bin davon überzeugt, dass dies für Tschechien, das sich im geopolitischen Raum zwischen Russland und Deutschland befindet, eine absolute Schlüsselfrage ist. Das geplante Raketenabwehrsystem soll eben diese Bindung festigen und zementieren.“
Filip warf dem Vizepremier und den Bürgerdemokraten vor, immer noch in der bipolaren oder in der monopolaren Welt zu leben. Beide gebe es aber nicht mehr:
„Die bipolare Welt ging - falls Sie es nicht mehr wissen – im Jahr 1990 zu Ende. Die monopolare Welt ist gescheitert. Der Anfang ihres Endes begann am 11. September 2001, und genau dieses Jahr ist sie meiner Meinung nach zu Ende gegangen.“
Nur in einem Punkt waren sich beide Politiker einig: Man lebe derzeit am Anfang der sich erst formenden multipolaren Welt. In dieser braucht man aus der Sicht der Kommunisten keine neuen Waffensysteme in Tschechien zu errichten. Aus der Sicht der konservativen Bürgerdemokraten hingegen, die die Mehrheit in der Regierung stellen, bestehen gerade in dieser Phase des machtpolitischen Umstrukturierungsprozesses in der globalen Welt etliche Risiken. Deswegen sei die Verankerung Tschechiens in der Nato so wichtig.
Ob alle 101 Koalitionsmitglieder, die die knappe Mehrheit im Abgeordnetenhaus stellen, auch tatsächlich für die Stationierung des Radars stimmen werden, darauf wollte Vondra nicht eingehen. Die öffentliche Meinung im Übrigen ist unverändert: Auch nach der jüngsten Umfrage sind immer noch zwei Drittel der tschechischen Bürger gegen das Radar.