Propaganda-Minister Hugo Vavrečka über das Münchner Abkommen
Knapp vor der Unterzeichnung des Münchner Abkommens nominierte Anfang September 1938 der tschechoslowakische Präsident Edvard Beneš Hugo Vavrečka zum Propaganda-Minister. Vavečka ist nicht nur der Großvater des Schriftstellers, Dissidenten und späteren tschechoslowakischen bzw. tschechischen Präsidenten Václav Havel. Er war auch einer der bedeutendsten tschechoslowakischen Diplomaten der Zwischenkriegszeit. 1919 nahm er an den Friedensverhandlungen in Paris teil, 1922 trat er als erster Gesandter des jungen tschechoslowakischen Staates sein Amt in Budepest an. Von 1926 bis 1932 war er Botschafter in Wien, wo er sich Verdienste um die Anliegen der tschechischen und slowakischen Minderheit in Österreich erwarb. Im Jahr 1932 verließ er den diplomatischen Dienst und wurde Betriebsleiter in Tomáš Bat’as Schuhfabrik in Zlín. Kurz nach seiner Rückkehr in die Politik erklärte er am 30. September 1938 der tschechoslowakischen Bevölkerung in einer Rundfunk-Ansprache die Gründe für die Annahme des Münchner Abkommens durch seine Regierung.
Auf deren Beistand hätte die Tschechoslowakei schon nicht mehr zählen können. Man habe sich vor Augen halten müssen, dass Russland weit weg gewesen sein und seine Hilfe zu spät gekommen wäre.
„Wir wurden allein gelassen und in einem aussichtlosen letzten Kampf hätten wir uns nicht selbst verteidigen können. Das große Sowjet-Russland wäre eindeutig bereit gewesen, in den Krieg zu ziehen. Aber, abgesehen davon dass die russische Armee erst nach Wochen gekommen wäre, zu spät also, und dass man bis zu diesem Zeitpunkt Millionen unserer Männer, Frauen und Kinder vernichten hätte können, ist noch wichtiger zu sehen, dass unser Kampf an der Seite Russlands nicht nur ein Krieg gegen Deutschland gewesen wäre. Ganz Europa, Frankreich und Großbritannien eingeschlossen, wäre als Kampf des Bolschewismus gegen Europa aufgefasst worden. So wäre wahrscheinlich ganz Europa gegen Russland und damit auch gegen uns zu Felde gezogen.“