Exilkonferenz brachte Tschechen aus der ganzen Welt zusammen

Exilkonferenz in Prag

Tschechische Landsleute aus verschiedenen Ländern trafen in dieser Woche in Prag zusammen zur Konferenz „Auslands-Tschechen und das Exil: 1948 und 1968“. Sie wurde vom 16. bis zum 17. September auf dem Boden der Karlsuniversität ausgerichtet. Historiker und Exil-Tschechen diskutierten über Exil-Schicksale im 20. Jahrhundert. Martina Stejskalová hat mit einigen gesprochen.

Exilkonferenz in Prag
220.000 Tschechen, so Historiker Jiří Pernes, sind zwischen 1948 und 1989 vor dem Kommunismus geflüchtet. Viele von ihnen über Deutschland, Österreich oder die Schweiz mit dem Ziel Übersee. Andere sind geblieben - wie Zdeněk Bidlo, aus Basel:

„Ich bin 1968 emigriert. In die Schweiz. Ich war nicht politisch verfolgt, dass muss man sagen, aber ich war, wie die anderen Leute in der damaligen Tschechoslowakei, gegen das Regime. Die Folgen habe ich auf Schritt und Tritt erlebt. Dann ist das Jahr 1968 gekommen, das Tauwetter, und das hat eine wahnsinnig grosse Hoffnung geweckt und man hat geglaubt, jetzt würden sich die Verhältnisse vielleicht ändern. Dann kam die Okkupation und das war ein Schlag. Dann war allen klar – keine Hoffnung mehr. Das abrupte Ende und das Verlieren aller Hoffnung war eigentlich der Grund für die Emigration.“

Zdeněk Bidlo
Zdeněk Bidlo blieb in der Schweiz. Die Alpenrepublik hat damals einen Wirtschafts-Boom erlebt, qualifizierte Arbeitskräfte waren Mangelware. Und der Prager Frühling, der war für die Schweizer ein Begriff. Ein Glück für die Exilanten, wie sich Bidlo erinnert :

„Die wahnsinnig grossen Sympatien, die waren da, in der Schweiz. Und das hat uns sehr geholfen. Tscheche oder Slowake zu sein, das war eine Legitimation, und wir haben praktisch keine Schwierigkeiten gehabt, Asyl zu bekommen, Arbeit zu finden usw. Die tschechoslowakische Emigration wurde mit offenen Armen aufgenommen. Der grösste Teil der Emigranten waren Akademiker, gebildete Leute oder Handwerker, die in ihrem Fach gut waren, also Leute, die man gesucht hat.“

Karel Pokorný
Karel Pokorný lebt seit 1970 in München. Auch er hat nach der Niederwalzung des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei keine Perspektive mehr gesehen. 1969 hat er, damals achtundzwanzig Jahre alt, mit Frau und kleinem Sohn sein Land verlassen. Der Weg führte ihn in die bayerische Hauptstadt München. Unsicherheit in der Arbeit, Angst vor unangenehmen Briefen tschechoslowakischer Behörden und die fremde Sprache - die ersten Jahre in Deutschland waren nicht einfach, erinnert sich Pokorný. Hinzu kam, dass sich in Bayern viele der vertriebenen Sudetendeutschen angesiedelt hatten.

„München ist eigentlich auch die Hauptstadt der Sudetendeutschen. Das haben wir zuerst als Problem angesehen, war es aber keins, weil 1968 der Adalbert-Stifter-Verein, das ist einer der Vereine der Sudetendeutschen Bewegung, im Sudetendeutschen Haus in München ein Büro für die tschechoslowakischen Flüchtlinge eröffnet hat. Wahrscheinlich, weil sie in uns Schicksalsgenossen gesehen haben. Eigentlich war das Verhältnis zwischen uns und den Sudetendeutschen immer sehr gut.“

Tschechen wie Karel Pokorny und Zdenek Bidlo haben zwar in Deutschland oder der Schweiz ihre neue Heimat gefunden. Ihre tschechischen Wurzeln haben sie aber nie vergessen.

Fotos: Autorin